Deutschland darf Züricher Nachtflüge verbieten

VERKEHR Der Europäische Gerichtshof lehnt eine Schweizer Klage gegen das Verbot von Flügen nachts über deutsches Gebiet ab. Die Behörden der Bundesrepublik wollen mit den Einschränkungen Einwohner nahe dem Züricher Flughafens vor Lärm schützen

Überflüge in großer Höhe seien ja nicht betroffen, argumentieren die Richter

VON CHRISTIAN RATH

FREIBURG taz | Deutschland durfte einseitig den Anflug auf den Flughafen Zürich reglementieren. Das entschied am Donnerstag der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Damit lehnte er eine Klage der Schweiz gegen das Nachtflugverbot über deutsches Territorium ab.

Der Flughafen Zürich-Kloten liegt nur fünfzehn Kilometer südlich der Grenze zu Deutschland. Alle Maschinen, die aus Norden oder Nordwesten kommen, überfliegen deutschen Luftraum.

Zwischen 1984 und 2001 wurden die Flugbewegungen durch ein Abkommen geregelt, das Deutschland jedoch kündigte, um einen besseren Schutz für die badischen Anwohner auszuhandeln. Ein neues Abkommen scheiterte dann bei einer Volksabstimmung in der Schweiz und trat nie in Kraft.

Deshalb erließ Deutschland 2003 einseitig Anflugbeschränkungen für den Züricher Flughafen. So sind an Wochentagen nächtliche Anflüge über deutsches Gebiet zwischen 21 und 7 Uhr verboten. Am Wochenende gilt sogar ein Anflugverbot zwischen 20 und 9 Uhr. Außerdem wurden Mindestflughöhen festgelegt.

Seitdem geht die Schweiz gegen diese Beschränkungen vor. Der Züricher Flughafen werde strenger behandelt als vergleichbare EU-Flughäfen, argumentiert sie und beruft sich dabei auf ein Luftverkehrsabkommen zwischen der EU und der Schweiz aus dem Jahr 1999. Doch in den Folgejahren hielten sowohl die EU-Kommission als auch das EU-Gericht in erster Instanz die deutschen Maßnahmen für gerechtfertigt.

Nun scheiterte die Schweiz in letzter Instanz auch beim EuGH. Der im Abkommen garantierte Überflug in großer Höhe über Deutschland werde durch die Anflugbeschränkungen nicht beeinträchtigt.

Zeitweilig sah es so aus, als ob der Rechtstreit seine Bedeutung verliert. Denn 2012 hatten Deutschland und die Schweiz nach langen Verhandlungen doch noch einen neuen Vertrag zum Schutz der deutschen Anlieger ausgehandelt. Im Vergleich zur einseitigen deutschen Regelung hätten die Anflüge morgens früher beginnen können und abends früher enden müssen. Außerdem wären die Anflughöhen abgesenkt worden.

Doch Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat die Ratifizierung des unterzeichneten Vertrags im Bundestag ausgesetzt, nachdem der Widerstand gegen die mutmaßliche Ausweitung des Fluglärms in Baden-Württemberg zu groß wurde. Seitdem verlangt Ramsauer Nachverhandlungen. Die Schweizer Regierung lehnt solche Gespräche aber rigoros ab, obwohl auch in der Schweiz befürchtet wird, dass der Fluglärm zunimmt. An diesem Donnerstag ratifizierte nun der Ständerat – der dem deutschen Bundesrat entspricht – das Abkommen, um Deutschland unter Druck zu setzen. Im Sommer soll die Zustimmung der anderen Parlamentskammer, des Nationalrats, folgen.

Solange aber das deutsche Parlament das neue Abkommen nicht ratifiziert, bleibt das einseitig verhängte deutsche Nachtflugverbot in Kraft.