Bauern zur Werbung gezwungen

Das Bundesverfassungsgericht prüft, ob sich die Agrarwerbe-Anstalt CMA über Zwangsabgaben von Landwirten und Ernährungsindustrie finanzieren darf

KARLSRUHE taz ■ „Kleine Schweinerei gefällig?“ – „Ich mag’s am liebsten mit jungem Gemüse.“ Mit Sprüchen dieser Qualität wirbt die CMA, die Centrale Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft, für den Verzehr von Fleisch und Gemüse. Doch jetzt steht ihre Existenz auf dem Spiel. Das Bundesverfassungsgericht prüfte am Mittwoch in mündlicher Verhandlung, ob die Finanzierung der CMA mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das Urteil wird für Ende des Jahres erwartet.

Die CMA wurde 1970 gegründet, damit die deutschen Bauern nicht von der französischen und niederländischen Konkurrenz überrollt werden. „Aus deutschen Landen frisch auf den Tisch“ hieß deshalb die wohl bekannteste CMA-Kampagne. Immer wenn landwirtschaftliche Lebensmittel verkauft werden, gehen heute 0,4 Prozent des Werts an die CMA-Werber. Die Abgabe ist nicht freiwillig, sondern gesetzlich vorgesehen. Eine solche „Sonderabgabe“ ist nach ständiger Karlsruher Rechtsprechung jedoch nur zulässig, wenn sie der Gruppe, die zahlen muss, einen konkreten Nutzen bringt.

Das bestreitet der nordbadische Geflügelzüchter Georg Heitlinger, einer der Kläger, der die CMA-Aktivitäten für „nutzlos“ und damit verfassungswidrig hält. Das Verwaltungsgericht Köln schloss sich 2006 an und legte den Streit dem Bundesverfassungsgericht vor.

Zwar hatte Karlsruhe 1990 eine ähnliche Klage abgelehnt, doch in der Zwischenzeit hat sich einiges geändert. So verbot der Europäische Gerichtshof 2002 staatliche Kampagnen, die vor allem die nationale Herkunft von Produkten herausstellen. Die CMA darf also nicht mehr für Qualität „aus deutschen Landen“ werben, sondern nur noch für „Gutes vom Bauern“.

„So hat die CMA aber keinen Sinn mehr“, argumentierte Rechtsanwalt Carsten Bittner für die Kläger. „Wenn nur allgemein für Fleisch oder Milch geworben wird, nützt das auch der ausländischen Konkurrenz – ist also nicht mehr gruppennützig.“

Die Bundesregierung will jedoch an der staatlich organisierten „Absatzförderung“ festhalten. Auch allgemeine Kampagnen wie „Die Milch macht’s“ nützten vor allem deutschen Bauern, weil diese einen Marktanteil von 90 Prozent beim hiesigen Milchverkauf haben. „Und wenn wir für Erdbeeren werben, dann machen wir es natürlich zu Beginn der deutschen Erdbeerernte, wenn der Marktanteil deutscher Bauern bei 85 Prozent liegt“, verriet ein CMA-Werber. Auch Bauernverband und Ernährungsindustrie betonten den Nutzen der CMA.

Die Richter aber blieben skeptisch und fragten mehrfach nach Alternativen. „Kann die Agrarwerbung nicht auch ein Verein erledigen, der sich über freiwillige Beiträge finanziert“, wollte der Senatsvorsitzende Andreas Voßkuhle wissen. Doch die CMA-Vertreter warnten vor Trittbrettfahrern, die sich den Vereinsbeitrag sparen und dennoch von der Werbung profitieren. „Am Ende zahlt kaum jemand Beiträge, und der Staat muss die Agrarwerbung aus Steuermitteln finanzieren“, unkte ein Regierungsvertreter. CHRISTIAN RATH