Die Zeitungsschlacht von Oldenburg

Am Samstag soll in Oldenburg erstmals das Wochenblatt Oldenburger Allgemeine erscheinen. Die Nordwest-Zeitung reagiert darauf, indem sie bereits heute eine neue Zeitung auf den Markt bringt – was wiederum die Gegenseite zu behindern versucht

Heute soll in Oldenburg ein Blitz einschlagen, und zwar in möglichst vielen Hausbriefkästen der 160.000-Einwohner-Stadt. Ein Blitz, der nur so heißt, ansonsten aber eine wöchentliche Anzeigenzeitung ist, deren Inhalte unauffällig irgendwo zwischen ganz viel Werbung platziert sein werden. Eine Anzeige, die diesen Blitz ankündigte, war am Donnerstag auf Seite Eins der Oldenburger Nordwest-Zeitung geschaltet.

Viel mehr als das Einschlagen des Blitzes wurde dort nicht verraten, und auch sonst wird einiges rund um diese neue Zeitung verschleiert. Blitz am Freitag heißt sie und ist Teil einer Strategie des Zeitungsverlages, der auch die Nordwest-Zeitung (NWZ) herausgibt. Dieser Verlag beherrscht den Zeitungsmarkt in und um Oldenburg mit der NWZ und diversen Anzeigenblättern. Das ging zwischenzeitlich so weit, dass das Bundeskartellamt ein Entflechtungsverfahren einleitete, um das bis Ostfriesland reichende Monopol aufzubrechen. Nun begibt sich ein Konkurrent auf jenen Markt, den die Hintermänner der NWZ als ihr Eigentum betrachten.

Dieser Konkurrent heißt Oldenburger Allgemeine (OA), am morgigen Samstag wird das Wochenblatt erstmals erscheinen (taz berichtete). Eine Zeitung soll das sein, die auch kritisch über das Lokalgeschehen berichten will, was in Oldenburg dringend notwendig erscheint. Fraglich, ob die Oldenburger Allgemeine das bewerkstelligen kann, denn auch sie wird allein durch Werbung finanziert. Da könnte die Nähe zu den Anzeigenkunden schon mal zur Folge haben, dass kritische Berichterstattung ausfällt.

Hinter der OA scheint aber nicht nur das Bedürfnis nach Meinungsvielfalt zu stehen, sondern auch Rachegelüste. Einer ihrer Gesellschafter heißt Frank Lachmann. Er ist Gründer der Privatpost Mail-Express, die seit zehn Jahren Briefe in Oldenburg und dem Nordwesten zustellt. Kenner der Szene sagen, die Unternehmensgruppe Nordwest-Zeitung habe eines Tages die Mail-Express kaufen wollen. Weil Lachmann nicht verkaufen wollte, gründete die NWZ die Citipost, die seit 2004 Konkurrentin von Mail-Express ist. Und nun begibt sich Lachmann mit Unterstützung des Oldenburger Softwareherstellers Ashampoo und des früheren Geschäftsführers der Hamburger Morgenpost, Frank Willers, mit der OA auf das Feld, das bislang allein von der NWZ-Gruppe beackert wurde.

Bei der Nordwest-Zeitung gab man sich gelassen. Eine Mail an die Mitarbeiter war ganz souverän im Ton des Platzhirsches gehalten, der keine Angst vor kleinen Mäusen haben muss. Tatsächlich aber war da längst etwas entbrannt, was sich zu einer regelrechten Oldenburger Zeitungsschlacht ausgewachsen hat. Da war etwa im Juli das Zusammentreffen des NWZ-Geschäftsführers Ulrich Gathmann mit seinem Kollegen von der OA, Frank Willers. Gathmann soll sich gegenüber Willers so sehr echauffiert haben, dass er nur noch mühsam habe zurückgehalten werden können, berichten Beobachter.

Gathmann bestreitet das; Willers bestätigt zumindest, dass Gathmanns Auftreten „von der Situation unseres bevorstehenden Markteintritts geprägt“ gewesen sei. NWZ-Mitarbeiter berichten, dass ihr Geschäftsführer den Markt als Kriegsschauplatz betrachte. Laut Willers soll Gathmann gesagt haben, dass die NWZ alles unternehmen werde, um der OA das Leben schwer zu machen. Andere erinnern sich, dass Gathmann angekündigt habe, „die OA platt zu machen“.

Mit seinen Leuten holte Gathmann dann zum Gegenschlag aus, der heute als Blitz durch Oldenburg zucken wird. Die NWZ-Tochterfirma Werbe-Plus Verlags GmbH & Co. KG schusterte ein neues Blatt zusammen, die Verlags- und Direktservice GmbH & Co. KG, die ebenfalls mit der NWZ verbandelt ist, suchte nach Zeitungsausträgern. Nur was den Namen der neuen Postille angeht, lief nicht alles glatt: Eigentlich sollte sie Oldenburger Blitz heißen, ein Unternehmen namens Weser-Ems Mediengesellschaft mbH & Co. KG, das in der Kanzlei des mit den NWZ-Geschäften vertrauten Rechtsanwalts Otto Korte ansässig ist, hatte dafür Titelschutz angemeldet. Doch OA-Herausgeber Willers hatte bereits einen Kurierdienst gleichen Namens gegründet, „ganz zufällig“, wie er sagt. Er forderte die Gegenseite auf, die Verwendung dieses Titels zu unterlassen – was die befolgen will.

Nun wird das Blatt also Blitz am Freitag heißen. Die Nullnummer soll ausgesehen haben wie die BILD, allerdings mies gemacht; die Redaktion besteht aus Dilettanten, sagen Eingeweihte. Aber der Blitz dient ja eh nicht der Verbreitung von Inhalten, sondern als Munition gegen die Konkurrenz. Die NWZ hat damit neben dem Sonntag, Mittwoch und Donnerstag auch den Freitag besetzt, die OA kommt am Samstag.

Nur am Wochenanfang herrscht kurz mal Ruhe auf dem absurden Schlachtfeld. FELIX ZIMMERMANN