Amtliches Wahlergebnis in der Schweiz: Rechtspopulisten legen zu

Die SVP wird noch ein wenig stärkere stärkste Partei in der Schweiz - dank ausländerfeindlicher Parolen. An der Regierung freilich ändert sich nichts: In der Schweiz regiert die ganz große Koalition.

Die Schweiz hatte die Wahl. Bild: ap

ZÜRICH reuters Die Schweizerische Volkspartei (SVP) des Milliardärs und Justizministers Christoph Blocher hat nach einem von fremdfeindlichen Parolen geprägten Wahlkampf bei den Parlamentswahlen noch mehr Stimmen geholt als erwartet. Dennoch will sie das fein austarierte politische Gefüge des Landes nach den Worten ihrer Führungsspitze nicht zu ihren Gunsten verändern.

Die SVP legte 2,3 Punkte auf 29 Prozent der Stimmen zu. Das geht aus dem offiziellen Wahlergebnis hervor, das am Montagmorgen in Bern veröffentlich wurde. Auch die Grünen konnten 2,2 Punkte gewinnen und kommen auf 9,6 Prozent. Verlierer sind die Sozialdemokraten : Sie mussten 3,8 Punkte auf 19,5 Prozent abgeben. Die Wahlbeteiligung war mit 49,6 Prozent für Schweizer Verhältnisse hoch (2003: 45,3 Prozent). Die Freidemokraten (FDP) mussten ein Minus von 1,7 Punkten auf 15,6 Prozent hinnehmen. Die Christdemokraten (CVP) blieben etwa stabil bei 14,6 Prozent (plus 0,2).

Nach dem amtlichen Endergbnis kam die SVP auf 29 Prozent der Stimmen - und baut somit ihre Position als stärkste politische Kraft im Land aus. Mit diesem Ergebnis hätte sie im Vergleich zur Wahl vor vier Jahren 2,3 Prozentpunkte zugelegt, was in den traditionell festgefügten politischen Strukturen des Landes einen ungewöhnlichen Erfolg darstellt. Seit über 85 Jahren hat keine Partei einen größeren Stimmenanteil bei den Wahlen zum 200 Mitglieder umfassenden Nationalrat auf sich vereinen können.

Ebenfalls zu den Siegern dürften sich der Hochrechnung zufolge die Grünen mit einem Plus von 2,2 Prozentpunkten auf 9,6 Prozent rechnen. Sie bleiben damit aber unter der angepeilten Marke von zehn Prozent. Großer Verlierer sind die Sozialdemokraten, die ein Sechstel der Stimmanteile verloren und bei 19,5 Prozent landeten. Die FDP kam auf 15,9 Prozent, die Christdemokraten (CVP) auf 14,6.

"Das Wahlergebnis zeigt, dass die SVP-Politik richtig ist", sagte Parteichef Ueli Maurer. Die von der SVP angesprochenen Themen wie Ausländerkriminalität oder Asylmissbrauch bewegten offenbar auch die Bürger. Die Partei hatte die Schweiz unter anderem mit Plakaten überzogen, auf denen possierliche weiße Schafe einen Artgenossen mit schwarzem Fell - der für einen kriminellen Ausländer steht - mit ihren Hinterläufen aus dem Land treten. Die Kampagne hatte selbst im Ausland für Schlagzeilen gesorgt und war von den Vereinten Nationen als rassistisch gebrandmarkt worden.

Auch in anderen inhaltlichen Positionen sieht sich die SVP durch den Wahlausgang bestätigt. "Der EU-Beitritt muss nun aus den letzen Köpfen sein", sagte Maurer. Der starke Mann der SVP, der 67-jährige Blocher, musste sich dagegen am Wahlabend in ungewohnter Zurückhaltung üben, da Regierungsmitglieder ein Wahlergebnis in der Schweiz üblicherweise nicht kommentieren.

An der Zusammensetzung der Regierung dürfte der Wählerzuspruch für die SVP nichts ändern. Denn in der Schweiz sind alle großen Parteien in der siebenköpfigen Regierung vertreten, und Entscheidungen werden nach außen hin stets gemeinsam vertreten, was auch als Konkordanz-Prinzip bekannt ist. Maurer signalisierte, daran festzuhalten: "Wir stehen zur Konkordanz, die Schweiz kann nur in Konkordanz regiert werden."

Der Präsident der unterlegenen SP, Hans-Jürg Fehr, sieht in den ungleich gefüllten Kriegskassen der Parteien einen Grund für das schlechte Abschneiden: "Die SVP hat mit sehr, sehr viel anonymem Geld den Wahlkampf bestimmt. Mich würde es reizen, mal 15 Millionen Franken für den Wahlkampf zu haben - und die anderen nur eine Million." Er spielt damit auf Blochers milliardenschweres Vermögen an, mit dem angeblich der SVP-Wahlkampf unterstützt wurde. In der Schweiz muss die Parteinfinanzierung nicht offen gelegt werden. Blocher legte einst mit dem Spezialchemie-Konzern Ems-Chemie den Grundstein für sein Vermögen und zählt heute unter anderem eine Burg in Graubünden zu seinem Besitz.

Insgesamt waren 4,9 Millionen Schweizerinnen und Schweizer zur Wahl aufgerufen. Wohl vorrangig aufgrund des polarisierenden Wahlkampfs des Blochers dürfte die Wahlbeteiligung erstmals seit mehr als 30 Jahren wieder 50 Prozent betragen. "Die Emotionalisierung des Wahlkampfs hat Mitte August mit dem Wahlkampf der SVP eingesetzt und damit auch die Wahlbeteiligung angekurbelt", sagte Claude Longchamp vom Meinungsforschungsinstitu gfs.bern. 2003 hatten nur etwa 45 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.

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