die wahrheit: Selbstauflösung jetzt!

Parteienforscher sind sich einig: Es gibt noch Wege aus der Krise der SPD.

Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck und die heimliche Parteichefin Andrea. Bild: ap

Nachdem sich die Linkspartei bei den vergangenen Wahlen mit Gregor Gysi (circa 1,62 Meter) und Oskar Lafontaine (dreikäsehoch) glaubhaft als Partei des kleinen Mannes etablieren konnte, ist die deutsche Parteienlandschaft deutlich in Bewegung beziehungsweise in freien Fall (SPD) geraten. Neue Koalitionsmöglichkeiten werden diskutiert, neben der Jamaika-Koalition (CDU-FDP-Grüne) ist auch die Kuba-Koalition (Linke-DKP-Cola) oder die Liberia-Koalition (Jeder gegen jeden) in greifbare Ferne gerückt. "Der Wähler möchte am liebsten gar nicht regiert werden", sagt Parteienforscher Franz-Günther Huselmann und macht an diesem Vormittag schon das dritte Pils auf. "Deswegen wählt er sich diesen Scheiß zurecht."

In den Strategieschmieden der Parteien feilen die Experten längst an griffigen Slogans ("Was macht froh und tut keinem weh - die SPD"), die das eigene Profil schärfen sollen, außerdem werden Wählerwünsche stärker als bisher berücksichtigt. Am überzeugendsten agierte dabei die Senioren-Partei "Die Grauen", die umgehend ihre Selbstauflösung beschloss.

Doch auch die etablierten Parteien gehen neue Wege. Den Hamburgern steht gar die erste schwarz-grüne Koalition auf Landesebene ins Haus. Der Preis freilich, den die Bürgerlichen für den Pakt mit dem einstigen Erzfeind zahlen, ist hoch. Mit der Schaffung von bis zu vier Frauenparkplätzen vor allen Ökosupermärkten und der Einführung von Solartaschenrechnern an den Grundschulen sollen zentrale grüne Anliegen verwirklicht werden, für die man in den acht Jahren Regierungsbeteiligung im Bund schlichtweg keine Zeit gehabt hatte. "Es war ja immer Krieg", sagt Landesvorsitzende Anja Hajduk entschuldigend.

CDU-Grande Ole von Beust jedenfalls hofft auf eine "tragfähige Koalition", die so lange halten soll, "bis der nächste unausgelastete Richter eine Privatfehde gegen das Verbrechen vom Zaun bricht, weil ihm die Kokspreise zu hoch sind. Da sind wir natürlich wieder dabei", freut sich der als bubenhaft besonnen geltende Politiker.

Mit ernsthafteren Problemen (zum Beispiel Dagmar Metzger) hat indes die SPD zu kämpfen. In der traditionsreichsten deutschen Partei, als deren historische Errungenschaften die Erfindung des Bergbaus und das Nacktbaden gelten, toben entsetzliche Flügelkämpfe, bei denen es irgendwie um Politik zu gehen scheint. Das jedenfalls berichten Insider (zum Beispiel Dagmar Metzger), die namentlich nicht genannt werden wollen. Noch hat der charismatische Kurt Beck, wegen seines messerscharfen Verstandes "Beck the Knife" genannt, seine Genossen halbwegs im Griff, und außerdem gilt nach wie vor die von ihm ausgegebene Marschrichtung: "Ja, natürlich wird die SPD eine Koalition mit der Linken eingehen, und zwar auf keinen Fall." Doch seit der hessische Wahlkreis 50 in die Hände der Rebellen um Dagmar Metzger ("SPD classic") gefallen ist, scheint nichts mehr sicher - zumindest jenes sagenumwobene "Momentum" der jungen Hoffnungsträgerin Ypsilanti ("Jawoll, wir können!") ist vorerst verflogen.

Der Hesse muss sich wohl auf weitere fünfzig Jahre Roland Koch gefasst machen, wenn man Peer Steinbrück glauben darf, und auch die Bundestagswahlen 2009 bis 2059 sind so gut wie verloren. "Wenn wir jetzt nichts falsch machen", schränkt Steinbrück ("the real SPD") ein.

In Dieburg-Nord kam es indes zu ersten bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den metzgertreuen "Butcher-Boys" und bekennenden Ypsilanten, während in Ober-Ramstadt gegen das Ausbleiben von Kurt-Beck-Karikaturen in dänischen Zeitungen protestiert wurde - eine gezielte Provokation, hinter der die Einflüsterungen des finsteren Außenministers Frank-Walter Steinmeier (SPD/AO) vermutet werden, dem ebenfalls Ambitionen auf die Kanzlerschaft nachgesagt werden. "Ich trete nur an, wenn die SPD mir den Wahlsieg garantiert", dementierte Steinmeier sogleich, "außerdem will ich die volle künstlerische Kontrolle und fünfzig Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Na, sagen wir dreißig."

Mit dem polternden Machtwort: "Politik ist kein statisches Geschäft, sondern ein dynamisches", hat Vollbartpolitiker Beck jetzt versucht, diese und alle anderen Debatten ein für allemal zu beenden, doch bezweifelt nicht nur Parteienforscher Franz-Günther Huselmann, mit dem wir nun auch schon beim fünften Sherry sitzen, dass der zarte Pfälzer den Anforderungen seines Amtes gewachsen ist. Viele fordern bereits die Rückkehr des legendären sozialdemokratischen Anführers "Sauerland-Franz", um der aufziehenden kommunistischen Gefahr ("Matrosenaufstände! Christa Müller!") Herr zu werden. "Meinetwegen! Einer muss der Bluthund werden", soll der greise Müntefering zustimmend geunkt haben.

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