Geschäfte gehen bärig gut

Plüschiges Start-Up: Alles selbst gemacht in der Teddy-Manufaktur „Beras Feine Bären“ in der Eimsbütteler Straße. Das gilt auch für den Patchwork-Lebenslauf der Besitzerin

von HELGA JAHNKE

In einem sachlichen, gelb verklinkerten Haus verbirgt sich eine Bärenhöhle. „Beras Feine Bären“ residieren im Souterrain. Eisbären, ein Maskenbär und eine rosa Bärenfamilie stehen in Regalen aus einem alten Tabakladen. Die Einrichtung ist historisch, wie fast alles in Beate Beras Werkstatt-Laden: Nähmaschine, Tisch, Vertiko und in der Kaffeeküche der erste Elektroherd der AEG. Und alles funktioniert.

Altes bewahren, aufarbeiten und weiterverwenden – das galt als Maxime immer schon in Beate Beras Leben. Schon als Kind bastelte sie sich selbst Spielzeug. Weil es keine Ausbildung zur Spielzeuggestalterin gab, lernte sie Repro-Fotografin. Ab 1981 schulte sie um. In ihrem neuen Beruf als Erzieherin nahm sie das Basteln von Spielzeug wieder auf. Als sie arbeitslos wurde, machte sie ihr handwerkliches Geschick und ihr Improvisationstalent zum Beruf. Mit ihrem Freund graste sie die Flohmärkte Europas ab. „Wir sind auf Schatzsuche gegangen“, sagt Bera. Die Schätze wurden restauriert und wieder verkauft.

Mit Fahrrädern und Spielzeug fing es an. Die Restaurierung eines Teddys war so ein Erfolg, dass sie sich auf Plüschtiere spezialisierte: „Der Bär ging auf dem Antikmarkt sofort für 150 Mark weg. Da habe ich erst gemerkt, dass es einen Sammlerbereich Stofftiere gibt.“ Bera hat sich informiert und ins Thema eingelesen. Heute wird sie als Teddy-Fachfrau bei Restaurationen und Schätzungen zu Rate gezogen.

Erst hat sie nur alte Bären restauriert, doch bald fing sie an, nach alten Schnitten neue Bären zu gestalten. Den ersten restaurierten Bären hat sie verkauft, den ersten selbstgenähten aber nicht: „Eugen“ sitzt immer noch in ihrer Vitrine. „Der erste Versuch sah eher aus wie eine Maus“, sagt Bera selbst. Eugen ist aus Leinen, einer alten Müllerschürze. „Ich wusste damals ja noch gar nicht, dass es Mohair zu kaufen gibt.“ Der zweite Teddy bekam ein Fell aus dem Futter eines Trompetenkoffers. Aus dem recycelten Stoff sah er aus wie ein historischer Bär. Inzwischen weiß Bera, wo sie die Spezial-Stoffe bekommt und verkauft diese und anderes Material auch an Bären-Bastler. Beras Stofftiermenagerie wird immer größer, umfasst jetzt auch Hasen, Füchse und Elefanten. Sie gestaltet, wie sie sagt, „Wesen aus Stoff“.

In Bärenmacher-Seminaren gibt Bera ihren Spaß am Gestalten weiter. Sechs TeilnemerInnen arbeiten ein ganzes Wochenende lang in ihrer Werkstatt und nehmen noch Hausaufgaben mit. So ist Erfolg garantiert: „Es verlässt keiner ohne Bären den Saal.“ Obwohl alle das gleiche Schnittmuster, das gleiche Fell und das gleiche Material bekommen, erkennt hinterher jede den eigenen Bären. „Jeder Mensch bringt individuell sein Wesen in den Bären ein.“

Neuester Trend sind Mini-Bären: „Wohnungen und Vitrinen der Sammler sind voll, aber sie hören ja nicht auf zu sammeln“, so Bera. „Und ein Mini-Teddy passt immer noch irgendwo dazwischen.“ Diese Bären sind noch schwieriger zu fertigen und damit auch teurer als die großen, denn man muss mehr mit der Hand nähen, weil alles viel zu klein für eine Nähmaschine ist.

Bera arbeitet fast nur noch auf Bestellung. Aufträge kommen aus den USA, Taiwan und Japan und die meisten Bären sind schon verkauft, bevor sie sie genäht hat. Viele Händler glauben nicht, dass sie alles allein macht, vor allem nicht, dass sie sich alle Modelle selbst ausdenkt. Wo sich andere Stofftier-Hersteller auf wenige Modelle spezialisieren, ist Beras Spezialität die Vielfalt. „Ich kann von neuen Herausforderungen nie genug kriegen.“

Ihre Stofftiere sind reine Handarbeit. Für einen Mini-Bären braucht sie etwa 15 Stunden, für große Bären 20 bis 30 Stunden. So schafft sie höchstens 250 Bären im Jahr. Weil sie zu pingelig ist, um Arbeit zu delegieren, wie sie sagt, arbeitet sie allein, täglich bis zu elf Stunden, auch am Wochenende. Reich wird sie damit nicht. Aber glücklich: „Es ist ein tolles Gefühl, die eigene Geschichte zu schreiben, mit dem, was man herstellt.“