Die Paten der GIA

Französischer Fernsehbeitrag: Der militärische Geheimdienst Algeriens instruiert islamistische Terroristen

MADRID taz ■ „Wer tötet wen?“, lautet die wohl meistgestellte Frage im algerischen Bürgerkrieg der letzten zehn Jahre. Der französische Pay-TV-Sender Canal + ist der Antwort ein großes Stück näher gekommen. Im am Montagabend ausgestrahlten Programm „90 minutes“ beschuldigen mehrere hohe algerische Offiziere und Agenten direkt den militärischen Geheimdienst, hinter der wohl blutigsten Terrortruppe, den Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA), zu stecken. Anders als bei bisherigen Programmen wurden die Anschuldigen von allen bis auf einen unter Preisgabe der eigenen Identität vorgetragen.

Die zweijährigen Recherchen des Fernsehreporters Jean-Baptiste Rivoire ergaben, dass der ehemalige GIA-Führer Djamel Zitouni 1992 vom DRS, dem militärischen Geheimdienst, rekrutiert wurde. Nur zwei Jahre später gelang es dem ehemaligen Hähnchenverkäufer, die Führung der GIA zu übernehmen. Seine Aufgabe war es, die Gruppe für die Armee und ihre Antiaufstandsstrategie nutzbar zu machen. Die GIA begannen, gegen andere islamische Gruppen und deren Anhänger vorzugehen.

Auf das Konto der GIA gehen die blutigsten Massaker gegen die algerische Bevölkerung. Es wurden fast nur Dörfer angegriffen, in denen die 1992 verbotene Islamische Heilsfront und deren bewaffnete Truppe, die Armee des Islamischen Heils, starke Unterstützung genossen.

Außerdem wurde Zitouni, der 1996 bei einem internen Streit erschossen wurde, mit der Planung und Durchführung von Anschlägen in Frankreich beauftragt. Paris sollte damit zur Solidarität mit den angeschlagenen Machthabern in Algier gezwungen werden. Die GIA verübten 1995 mehrere Bombenanschläge auf Nahverkehrszüge in Paris. Bereits im Dezember 1994 hatte die Gruppe ein Flugzeug der Air France entführt.

„Es ist sehr wahrscheinlich, dass die GIA benutzt wurden, um Frankreich als Geisel zu nehmen“, erklärte in Canal + der ehemalige französische Antiterrorchef und heutige Abgeordnete der Partei des Präsidenten Jacques Chirac (UMP), Alain Massoud. REINER WANDLER