ernst hubertys scheitel von GERALD FRICKE
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Neulich ist der Scheitel von Ernst Huberty wieder bei Sat.1 aufgetaucht. Gehasst habe ich Scheitel und Huberty schon immer mit religiöser Abscheu. „Zunächst die Ergebnisse der Spiele, über die wir nicht ausführlich berichten“, sagte Ernst Huberty damals in der guten, alten ARD-„Sportschau“ und monologisierte über Halbzeitstände, Zuschauerzahlen, rote und gelbe Karten. Und darüber, dass Eintracht Braunschweig wieder auswärts verloren hatte, denn über die Eintracht gab es fast nie einen „ausführlichen Spielbericht“. So wusste man nach fünf Minuten Bescheid und hatte schon gar keine Lust mehr, weiter zuzuschauen.

In die Studiodekoration waren spätpsychedelische, orangegelbe Sperrholzkreise eingefasst. Zwei bis drei davon wurden quietschend herumgedreht und verrieten so die jeweils nächste Spielpaarung. „Das nächste Spiel, über das wir ausführlich berichten, ist die Begegnung des 1. FC Köln gegen die Fortuna aus Düsseldorf. Ja, liebe Sportsfreunde, die Domstädter konnten heute Nachmittag mit einer blütenweißen Weste und hoch erhobenen Hauptes in das Spiel gehen. Also eine ganz klare Sache für die Geißböcke, ohoder?“, zündete Huberty aus seinem Knopfloch die erste rhetorische Überraschungsrakete für „unsere Fußballfreunde an den Schwarzweißgeräten“.

Über Kölle aus Köln wurde immer berichtet, denn da musste der „Ü-Wagen“ nicht so weit fahren, von Köln aus. Oft nickte auch der Kameramann kurz mal weg. „Dann erhöhten die Frankfurter sogar auf 3:1. Dieser Treffer konnte von unserer Kamera wegen technischer Schwierigkeiten leider nicht eingefangen werden.“

Sehr einprägsam war auch die DFB-Pokal-Auslosung mit Walter Baresel, einem verdienten Sportsmann, sowie einem weiteren DFB-Offiziellen namens Schmidt. „Schmarotzer-Schmidt“ hieß der bei uns, weil er eigentlich keine, sogar überhaupt gar keine ersichtliche Aufgabe hatte. Schmarotzer-Schmidt musste einfach nur wie ein Führerscheinprüfer kucken. Die ausgelosten Spiele wurden der Reihe nach auf eine Tafel gesteckt, anschließend verlesen und ausführlich kommentiert („eigene Gesetze“, „lösbare Aufgabe“, „David gegen Goliath“).

Besonders perfide war die „Sportschau“ am Sonntag oder in der ewigen Winterpause. Dann musste man stundenlang Skispringen, rhythmische Sportgymnastik oder gar den „Galopper des Jahres“ mit Ihro Betuhlichkeit Adi Furler ertragen, nur um endlich doch noch das „Tor des Monats“ mit Trippeltrappel-Musikuntermalung zu genießen. Das „Tor des Monats“ wurde aus dramaturgischen Gründen grundsätzlich in den letzten zwei Minuten der Sendung durchgehechelt und immer wieder machte man den Fehler, die Sendung von Anfang an einzuschalten. Irgendwann Mitte der Achtzigerjahre wurde die charmante Trippeltrappel-Musik durch Synthesizer-Müll ersetzt, einer Mischung aus Jean-Michel Jarre und Frank Duval. Öffentlich-rechtliche Sender meinten damals, das wäre modern.

Heute sind die Scheitel ein bisschen schneller geworden, aber das ist auch schon alles.