Protest der Straße

Südafrikas Gewerkschaften und Kommunisten streiken gegen ANC-Wirtschaftspolitik. Bricht die Linke mit Mbeki?

JOHANNESBURG taz ■ In ganz Südafrika werden heute schätzungsweise zwei Millionen Menschen im Rahmen eines Generalstreiks gegen steigende Arbeitslosigkeit und Privatisierung demonstrieren. Der Gewerkschaftsbund Cosatu hat mit Unterstützung der Kommunistischen Partei (SACP) den für zwei Tage geplanten Protest organisiert, der von der Regierung des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) als nicht gerechtfertigt und unproduktiv verurteilt worden ist. Der Massenprotest ist weniger ein Zeichen für Unzufriedenheit bei Arbeitnehmern und Armen denn ein Ausdruck des Risses in der Allianz zwischen ANC, Gewerkschaften und Kommunisten.

Cosatu und SACP sind gegen die liberale Wirtschaftspolitik der Regierung von Präsident Thabo Mbeki. Insbesondere kritisieren sie, dass die ANC-Regierung auf Privatisierung setzt, um das Wirtschaftswachstum zu steigern. „In den vergangenen Jahren hat es über dieses Thema keine befriedigende Diskussion mit dem ANC gegeben“, sagt Cosatu-Generalsekretär Zwelinzima Vavi und beschreibt den Streik als notwendige Antwort auf die Verschlimmerung der Armut in Südafrika. Laut Vavi haben große Staatsbetriebe wie die Telefongesellschaft Telkom seit Südafrikas Demokratisierung 1994 mehr als 100.000 Stellen gekürzt; im öffentlichen Dienst seien 130.000 Arbeitsplätze weggefallen. Die Arbeitslosigkeit in Südafrika liegt offiziell bei etwa 35 Prozent. Die Gewerkschaften wollen besonders eines vermeiden: die Öffnung grundlegender Dienstleistungen wie Elektrizitäts- und Wasserversorgung, Transport und Gesundheit für private Anbieter. Dies, so die Befürchtung, schadet den Armen.

Nun werden also ANC-Mitglieder gegen die ANC-Politik protestieren. Die fehlende Einigkeit wurde am Freitag deutlich, als Präsident Mbeki auf einer ANC-Konferenz „Ultralinke“ scharf angriff. Er bezeichnete „extrem linke“ Hardliner in Cosatu und SACP als Feinde des ANC und brachte sie mit dem rechten Flügel der Oppositionspartei „Demokratische Allianz“ in Verbindung. Damit zieht Mbeki eine klare Linie gegen linke Opposition. Mit der wolle er sich auf dem ANC-Parteitag im Dezember beschäftigen, drohte der Präsident. „Der ANC ist keine Bewegung, die für den Sieg des Sozialismus kämpft“, sagte Mbeki und bekräftigte seinen Willen, die „Abweichler“ unter Kontrolle zu kriegen. MARTINA SCHWIKOWSKI