Gummistiefel für die Hölle

Bitte Luft anhalten: Die Sauerstoffvorräte sind knapp im Oldenburger Bunker, der derzeit die „Die Farben der Unterwelt“ von Manfred Räber präsentiert

Eine Hölle ist das vor allem für die Kunst, die in Klarsichtfolien dem Pilzbefall trotzt

Dunkelheit. Lichter tanzen über die feuchten Wände, Wasser plätschert um Gummistiefel, und es tropft. Sieht so die Hölle aus? Dantes Hölle?

„Die Farben der Unterwelt“ heißt die Raum-Installation Manfred Räbers, die vom 4. bis 8. September im Rahmen von „Oldenburg Arte“ täglich zu sehen sein wird. Inspiriert von Dante Alighieris Höllenschilderungen in der „Göttlicher Komödie“ hat der ortsansässige Künstler den Luftschutzbunker in der Wilhelmstraße zu einem begehbaren Gesamtkunstwerk umgestaltet –Betreten allerdings auf eigene Gefahr.

Eine Tafel am Eingang, vom Wetter schon etwas mitgenommen, warnt Klaustrophobiker davor, sich über den zweiten Ausstellungsraum hinauszuwagen. Die Bitte, sparsam zu atmen, um die spärlichen Sauerstoffvorräte im Innern des 1941 errichteten (und niemals genutzten) Schutzraumes nicht allzu rasch aufzubrauchen, klingt kaum weniger beunruhigend. Auch darf man diese Bunkerhölle nicht baren Fußes durchwaten: Unter dem trüben Wasser des überfluteten Gemäuers – bei Dante ist passend von „dunkler Flut“ die Rede – lauern teuflische Metallteile, Glasscherben und das, was Manfred Räber ganz geheimnisvoll als „Weiches Etwas“ bezeichnet.

Im Innern erwartet den Wagemutigen dann die Kunst. Taschenlampen beleuchten ausschnitthaft ein an der Wand entlang laufendes Spruchband mit Dante-Zitaten. An einigen Stellen hat die Feuchtigkeit die schwungvollen Buchstaben bereits unter schwarzem Schimmelgeflecht verschwinden lassen. Die so entstandenen Strukturen entwickeln zweifellos einen eigenen ästhetischen Reiz, den auch der Künstler nach anfänglicher Überraschung billigend in Kauf nimmt, ja sogar begrüßt. Seine „Dunklen Bilder“ allerdings, eine Sammlung von übermalten Zeitungsausschnitten, hat Räber zähneknirschend in Klarsichthüllen verbannen müssen, um sie so vor dem Pilzbewuchs des Ausstellungsraums zu schützen.

Aufgelockert wird das muffig-morbide Ambiente durch die an Pop-Art gemahnenden Aktplastiken des Oldenburgers, die sich dem Besucher in den Weg stellen. Um die ausladenden weiblichen Rundungen nicht vom Sockel zu stoßen oder schlicht zu straucheln, empfielt es sich, jene Worte zu beherzigen, die in großen Lettern außen am Betonbau prangen: „Hemmt eure Schritte, die ihr so lauft in diesen dunklen Räumen“.

Nein, die Hölle hat Manfred Räber nicht geschaffen. Effektvoll ist seine Installation dennoch, allein schon deshalb, weil sie die bedrückende Bunker-Architektur wirkungsvoll in Szene setzt. Wenn sich eine matschige Substanz schmatzend um die Stiefelsohlen legt, als wolle sie einen festhalten, ist der Besuch bei Dante aber vor allem eines: schaurig schön.

Christoph Kutzer

Öffnungszeiten: 4. - 7. September jeweils 15-18 Uhr. 8. September 14-18 Uhr, oder nach Absprache mit dem Künstler unter ☎ (0441)  148  71, email: arte@manfred-raeber.de