„Das ziehen wir durch“

FDP im Klagewahn: Jetzt wollen die Liberalen sogar in den UN-Sicherheitsrat

Hans-Dietrich Genscher fordert Immunität für alle FDP-Wahlkämpfer bei Auslandseinsätzen

BERLIN taz ■ Die FDP hat heute einen weiteren Eilantrag mit Motorradkurier nach Karlsruhe geschickt. Die Liberalen wollen erreichen, dass ihr außenpolitischer Fachmann Wolfgang Gerhardt, der gerade neben Englisch auch Arabisch und Hebräisch lernt, gleichberechtigt an dem Duell Scharon gegen Arafat beteiligt wird. „Es handelt sich hierbei im Kern um einen Konflikt zwischen Israelis und den Palästinensern. Wenn man diesen Konflikt in der deutschen Öffentlichkeit personalisiert, dann gehört da eben auch Wolfgang Gerhardt hin“, so Parteichef Westerwelle bereits gestern gegenüber „Radio Antenne – Die Superhits von gestern und die allerbesten Superhits der Achtziger.“

Bereits am vergangenen Freitag waren ein weiterer Eilantrag der FDP auf den Schreibtischen der Bundesverfassungsrichter gelandet. Die FDP verlangt darin, dass Hildegard Hamm-Brücher gleichberechtigt neben Bundespräsident Johannes Rau zur Unterzeichnung von Gesetzen hinzugezogen wird. „Sonst hört für uns der Spaß auf!“, so Guido Westerwelle. Eine Verfassungsprüfung stehe hier dringend an.

Der Altliberale Hans-Dietrich Genscher verteidigte auch im Fall des Internationalen Strafgerichtshofs die vermeintliche Klagewut der FDP gegen Kritik. „Wenn amerikanische Soldaten bei internationalen Menschenrechtseinsätzen Immunität genießen sollen, warum dann nicht auch die FDP?“ Die Partei verlangt, dass Aussagen ihrer Mitglieder und Sprecher, die in der „Hitze des Wahlkampfs“ fallen, nicht später gegen sie verwendet werden können. „Da gehen wir bis nach Straßburg, zum Europäischen Menschengerichtshof, ganz klar, das ziehen wir durch“, so Walter Döring, FDP-Wirtschaftsminister in Baden-Württemberg. Und weiter: „Die USA erklären ihre Soldaten für sakrosankt, da sagen wir: Was für die USA gilt, muss auch für die FDP gelten.“ Verschiedene anerkannte Rechtswissenschaftler zeigten sich aber skeptisch. „Ich als anerkannter Rechtswissenschaftler bin da eher skeptisch“, erklärte Rolf Bossi von der renommierten Kanzlei Bossi & Friends. „Alle Macht kommt aus den Gewehrläufen, das haben wir vom großen Vorsitzenden Graf Lambsdorff gelernt. Wie viele Bataillone aber hat die FDP? Also bitte schön!“

Weiter anhängig sind noch die Klagen gegen den Weltsicherheitsrat, wo die FDP immer noch kein Stimmrecht hat und gegen die Nasa. Die FDP besteht darauf, dass ihr weltraumpolitischer Sprecher Rainer Brüderle bei der für 2003 geplanten ersten bemannten Marslandung als Astronaut beteiligt ist. „Ich würde mich auch einfach nur in die Kombüse stellen, Pommes schälen, egal, Hauptsache dabei, Hauptsache Spaß!“, so Brüderle beim Besuch der Siegmund-Jähn-Gedenkstätte in Hoyerswerda (DDR). Der Fliegerkosmonaut Siegmund Jähn war 1978 der erste Sachse im Weltraum. „Ein Treppenwitz der Weltgeschichte, aber ein schlechter!“, wie Hans-Dietrich Genscher in der ZDF-Sendung „Legenden“ erklärte. „Es wäre doch ein gutes Zeichen, wenn wir den Mitbürgerinnen und Mitbürgern des Marses die liberale Kraft der Erde präsentieren könnten. Die FDP ist hier gefordert, Flagge zu zeigen“, so der liberale Gemütsmensch Brüderle.

Die wichtigste Klage aber wird in den kommenden Tagen dem Weltfußball-Verband Fifa zugestellt, erklärte Guido Westerwelle. Die FDP findet es „unerträglich“, dass ihr bei der Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea kein Startplatz eingeräumt worden ist. „Wie räudige liberale Hunde haben sie uns vertrieben! Uns, die bedeutendste liberale Kraft in Deutschland und Europa seit über 50 Jahren. Da sitzen die Herren Stoiber, Schröder, Schily, was weiß ich, wer noch alles. Es ist eine unglaubliche Frechheit. Die FDP besteht auf einer Wiederholung des Endspiels von Yokohama!“ Natürlich mit ihrem neuen sportpolitischen Sprecher Jürgen W. Möllemann auf der Ehrentribüne. „Wenn es zu keiner Wiederholung des Spiels kommt, dann verlange ich, bei der WM 2006 den Weltpokal der siegreichen deutschen Mannschaft überreichen zu können und mit zu duschen. Das ist ja wohl das Mindeste!“, so der Hansdampf in allen Gassen. „Noch eines“, ergänzte der Fallschirmsportpolitiker einmal in Fahrt, „und das ist jetzt provokant. Also, dieses Tor von Ronaldo, das hätte ich mit der Mütze gefangen, ach was, mit’m Mund! Oliver Kahn hat uns den Weltmeistertitel gekostet, ganz klar, auch wenn ich mich mit dieser Aussage bewusst gegen die Eliten aus Sportmafia und Politik wende. Weltmeister der Herzen? Arschlecken und Rasieren! Ohne Pannen-Olli wären wir jetzt Weltmeister! Die Konjunktur würde wieder brummen, wir wären die rote Laterne los, erholten uns vom Pisa-Schock, Deutschland wäre wieder ein weltweit respektierter Staat.“ Na ja, wo die FDP Recht hat, hat sie eben doch Recht.

GERALD FRICKE