Des Nachwuchs Baumeisters Träume

Ob Wasserwelten oder Bremerhavens Schokoladenseite: Bremer ArchitekturabsolventInnen haben sich Gedanken gemacht und mit der Fantasie gespielt. Nicht immer hat das was mit dem Berufsalltag zu tun. Fünf Entwürfe wurden jetzt prämiert

„So geht‘s nicht, guter Diplomand“, heißt es immer wieder. Da lässt doch glatt der Detailschnitt erkennen, dass das Verblendmauerwerk nicht aufs Fundament abgetragen wird. Es schwebt sozusagen. Den kritischen Blicken der Juroren sind solche Faux-Pas natürlich nicht entgangen.

Wir befinden uns im Speicher XI. Der Fachbereich Architektur der Hochschule Bremen hat sich auf der Umbaustelle für einen Tag einquartiert, um seine Diplomanden zu präsentieren und zu feiern. Traditionell prämiert der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure (BDB) die besten Arbeiten.

Generelle Kritik der Juroren: Die meisten Arbeiten fallen vor allem durch ihre aufwändige Präsentation auf – „bunte Bilder“, aber meist viel zu abgehoben von den „harten Fakten“ und der Berufspraxis der JungarchitektInnen.

Clemens Bonnen, der neue Dekan des Fachbereichs, sieht das nicht ganz so dramatisch. Hinter den grafischen Moden der Darstellung seien durchaus die entwurflichen Qualitäten zu erkennen, meint er.

Das gilt auf jeden Fall für die fünf prämierten Arbeiten. Da die Diplomaufgaben thematisch bunt gemischt waren, hat die Jury die Entwürfe zunächst fünf relevanten Kriteriengruppen zugeordnet und der besten Arbeit jeder Kategorie einen Preis zuerkannt. Die Rangfolge unter den Preisträgern war allerdings dann nicht mehr ganz nachvollziehbar.

So gab es zum Beispiel zwei zweite Preise, weil man sich zur Vergabe eines ersten Preises nicht entschließen konnte. Sabine Leskows Entwurf für ein Institut im Technologiepark wurde aufgrund der besonderen Berücksichtigung ökonomischer Kriterien prämiert. Sie formt zwei Gebäudewinkel und einen Verbindungsflügel zu einem strengen Baublock, dessen Höfe etwas zu klein dimensioniert erscheinen.

Lockerer geht der andere zweite Preisträger mit der Form um. Steven Schertfegers Reha-Zentrum am Weserufer bei der „umgedrehten Kommode“ gefiel aufgrund seiner gestalterischen Qualität. Man fragt sich, ob seine Entscheidung, allen drei Flügeln seiner Anlage einen dynamischen Schwung zu geben, nicht schon des Beschwingten zu viel ist, und ob nicht der Kontrast von Gerade und Kurve spannender gewesen wäre?

Marina Brauners Varianten zu schmalen und tiefen Reihenhäusern, die mit dem dritten Preis ausgezeichnet wurden, gehören zur Kategorie Systembildung. Ihr ging es vor allem um den Lichthof als Zentrum des Hauses.

Katharina Engelmanns und Andreas Längsfelds Gemeinschaftsarbeit „Wasserwelten – Freizeit und Spaßbad“ bekam den vierten Preis aufgrund der Tragwerkslösungen. Für die im Querschnitt sich tropfenförmig dehnenden Badehallen haben die beiden Anregendes von der japanischen Architektin Itsuko Hasegawa verarbeitet.

Etwas zu schlecht bewertet erscheint dagegen der fünfte Preis, der einen städtebaulichen Schwerpunkt aufweist. Dabei hat Jochen Voos den Mut gehabt, sich auf ein Problem einzulassen, an dem sich schon 1993 in einem Wettbewerb internationale Stararchitekten wie der Katalane Enric Miralles die Zähne ausgebissen hatten. Die Rede ist von der katastrophal schlechten Anbindung der Bremerhavener City an ihre Schokoladenseite, den Deich mit Weserblick. Das Columbus-Center mit seiner Shoppingmall „Obere Bürger“ liegt bekanntlich wie ein Riegel dazwischen. Voos nutzt den Umstand, dass das südliche „Ankergeschäft“ Horten seine Tore geschlossen hat, für eine neue Anbindung an den Deich. Er formt das Hortengebäude komplett zu einem Dienstleistungszentrum um und unterschneidet das Bauwerk mit einer rampenförmig ansteigenden Passage, die sich weiter über Columbusstraße und Alten Hafen hinüberschwingt und so einen fürs Auge und für die Beine angenehmen Übergang herstellt.

Eberhard Syring