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: Bier: Die Quelle sprudelt

Noch in den kriegerischsten Ecken Afrikas, wo sauberes Wasser eine Glückssache ist, kann man sich darauf verlassen, dass irgendwo Flaschenbier zu haben ist – zumindest im nichtmuslimischen Teil des Kontinents. Brauereien sind in Kriegsgebieten nicht nur die Unternehmen mit den sichersten Arbeitsplätzen, sondern auch strategische Orte, deren Kontrolle über Sieg und Niederlage entscheiden kann. Und an den Verbreitungsgebieten einzelner Biermarken und Flaschentypen kann man oft die realen territorialen Machtverhältnisse genauer ablesen als an den Erklärungen der Warlords. Es kann sogar rivalisierende Versionen derselben Biermarke geben.

Auch ohne solche Feinheiten ist der Verzehr von Flaschenbier – das wie alle anderen Flaschengetränke auch in den besten Restaurants grundsätzlich erst im Beisein des Gastes geöffnet wird – ein Vorgang aus der Sphäre der modernen westlichen Ökonomie und damit ein gesellschaftliches Signal. Im Rahmen der Globalisierung ziehen immer mehr Afrikaner ausländische Biermarken den einheimischen vor, auch wenn objektive Kriterien oftmals das umgekehrte Urteil nahe legen. Das erklärt unter anderem den Siegeszug des südafrikanischen Giganten „South African Breweries“ (SAB) in den Rest Afrikas. SAB, drittgrößtes Brauunternehmen der Welt, braut inzwischen zwei Drittel des Bieres auf dem ganzen Kontinent, ganz im Sinne der wirtschaftlichen Integration Afrikas.

Zurückgedrängt werden demgegenüber die traditionellen Biere aus Mais, Sorghum, Bananen und vielen anderen Pflanzen, deren Verzehr sich vor allem auf ländliche Räume konzentriert. Aber immerhin ist der Biersektor eines der wenigen Beispiele in Afrika dafür, wie Tradition nicht spurlos verschwindet, sondern andere, ebenso verlässliche Gebräuche an ihre Stelle treten.

Die gute Pipeline

Sie sind das berüchtigste Symbol ökologischer Verwüstung und ökonomischer Verschwendung in den Ölfeldern Nigerias: die ewigen Gasfackeln über den Bohrtürmen des Niger-Flussdeltas, in denen das bei der Ölförderung entweichende Erdgas verbrannt wird und die zum Teil seit Jahrzehnten das Umfeld unerträglich aufheizen und die Nacht zum Tage machen. Ab 2005 soll sich das ändern: Unter Federführung des US-Ölkonzerns Chevron entsteht eine 450 Millionen Dollar teure Gaspipeline, in der das Erdgas in andere Staaten Westafrikas transportiert werden soll.

Die 800 Kilometer lange „West African Gas Pipeline“ (WAGP) soll durch Benin und Togo bis nach Ghana führen und in der ghanaischen Industriestadt Takoradi enden. Diese Länder leiden seit Jahren an Strommangel, da die Wasserturbinen des Volta-Stausees in Ghana nicht mehr ausgelastet sind. Unter Nigerias Ölfeldern lagern schätzungsweise 40 Billionen Kubikmeter Gas. „Ein in Westafrika von Westafrikanern für Westafrikaner konzipiertes Projekt“ nannte das die WAGP-Managerin Esther Cobbah.

Den Bau unternimmt ein internationales Konsortium, in dem neben Chevron Shell sowie Ölfirmen aus allen vier betroffenen Ländern sitzen. Die Abstimmungsschwierigkeiten zwischen all diesen Beteiligten haben den einst für 1998 angesetzten Baubeginn immer wieder verzögert. Nigerias gewählte Regierung unter Präsident Olusegun Obasanjo hatte nach ihrem Amtsantritt 1999 versprochen, das Abfackeln von Erdgas auf den Ölfeldern ab 2004 einzustellen. Dieser Termin ist nicht einzuhalten, denn die Pipeline wird frühestens 2005 fertig sein. Die letzten Fackeln sollen 2008 erlöschen.

Handys für die Händler

Nirgends auf der Welt wächst der Mobilfunkmarkt so schnell wie in Afrika, und kein Markt in Afrika wächst so schnell wie der Mobilfunkmarkt. Von 2 Millionen Handys auf dem Kontinent Ende 1997 ist die Zahl auf mittlerweile etwa 28 Millionen gestiegen, womit die Zahl der Festnetzanschlüsse überholt ist, und könnte bis Ende 2004 100 Millionen erreichen. Die extreme Unterentwicklung des afrikanischen Festnetzes, um dessen Modernisierung und Ausbau sich keine Regierung mehr besonders kümmert, ist dabei der wichtigste Faktor. Das Handy ist überall in Afrika unverzichtbares Geschäftsinstrument und Statussymbol geworden.

Die Befürchtungen, der Kontinent werde im Internetzeitalter endgültig technologisch abgehängt, sind damit immer weniger begründet. Das erste Unterwasser-Glasfaserkabel, das Afrika mit Europa und Asien verbindet, wurde am 6. Juni im südafrikanischen Durban offiziell freigegeben. Von ihm, gebaut von der südafrikanischen Firma Telkom für 650 Millionen Dollar, profitieren zunächst zwölf Länder.

Der Telekom-Boom in Afrika wäre nicht möglich gewesen, wenn sich die Regierungen nicht aus dem Sektor weitgehend zurückgezogen hätten. Privatisierungen und Lizenzversteigerungen haben Geld in Staatskassen gebracht, während die Riesen des internationalen Telefongeschäfts sich um einen afrikanischen Binnenmarkt streiten, wovon die Verbraucher direkt profitieren. Allmählich erst regt sich Unmut über die hohen Tarife. Der Durchschnittsbürger in Afrika verdient immer noch weniger pro Tag, als ein durchschnittliches Handygespräch kostet.

Banken: Ein Trauerspiel

Kaum eine wirtschaftliche Institution in Afrika wirkt so fremd wie ein traditionelles Bankhaus. Schwerfällige Bürokraten hinter dicken Schreibtischen in überdimensionierten Palästen versuchen, den Eindruck von Solidität zu erwecken, strömen aber eher völlige Regungslosigkeit aus. Für normale Privatkunden sind Afrikas Banken nicht gedacht; sie wickeln Devisengeschäfte ab, führen Staatskonten und betreuen Staatsunternehmen.

Selbst das überfordert viele von ihnen. Staatliche Banken werden von Regierenden als Privatkasse missbraucht, Privatbanken dienen eher den Interessen ihrer Besitzer als denen ihrer Kunden. Nirgendwo ist so wenig vom real existierenden Reichtum in Banken gelagert wie in Afrika – ein Viertel des Bruttosozialprodukts, gegenüber 120 Prozent in den reichsten Industrieländern. Zugleich ist nirgends der Anteil nicht mehr einzutreibender Kredite an der Gesamtkreditsumme höher.

Solange das so bleibt, sind alle Bemühungen, mehr ausländisches Kapital in Afrika zu halten oder auch die Milliardensummen afrikanischer Auslandsersparnisse zurückzuholen, illusorisch. Aber von ernsthaften Veränderungen ist nichts zu spüren. Afrikas Mächtige haben alle Zugang zu ausländischen Konten. Normale Afrikaner, die Geld brauchen oder anlegen wollen, legen ihren Reichtum in Sachwerten an und verlassen sich für Kredite auf Freunde und Verwandte. Und je mehr ausländische Banken Filialen in Afrika eröffnen, ihre eigenen Usancen mitbringen und auf Kredite hohe Risikozuschläge erheben, desto endgültiger verlieren die betroffenen Staaten Einfluss auf ihre Wirtschaft.

Die Flussumleitung

Den afrikanischen Staatschefs muss es sehr am Herzen liegen. Sonst hätten sie Pläne, den Kongo-Fluss umzuleiten, nicht extra im Nepad-Dokument erwähnt, unter dem Titel „Beschleunigung von Mehrzweckwasserressourcenprojekten“. Seit dem Beitritt der Demokratischen Republik Kongo zur Regionalorganisation des südlichen Africa SADC (Southern Africa Development Community) 1997 erwägt die SADC, Wasser aus dem Kongo-Fluss in das trockene Namibia umleiten. Das 6 Milliarden Dollar teure Projekt wäre das größte Wasserprojekt in Afrika seit dem Lesotho-Staudamm (Foto). Eine übermannshohe Wasserleitung aus Moanda an der Kongo-Flussmündung würde bis nach Walfischbucht gelegt werden, Namibias wichtigstem Hafen. Der mittlerweile ermordete kongolesische Präsident Laurent Kabila nannte das „eine humanitäre Geste“ und versprach, das Wasser wäre kostenlos.

Sapphire Aqua, eine Firma von exilierten kongolesischen Wasseringenieuren in Texas, hat Vorstudien dazu gemacht und gleich noch eine Idee präsentiert: eine Wasserleitung von Lisala, einer Urwaldstadt am nördlichsten Punkt des Kongo-Flussverlaufs, bis nach Port Sudan am Roten Meer – eine fast 2.000 Kilometer lange Strecke, die auch noch irgendwie den Nil überqueren müsste. Die Firma meinte, dass die zu grabenden Korridore ja auch für „eine Datenautobahn vom Roten Meer nach Kapstadt“ benutzt werden könnten.

Die internationale Nutzung der kongolesischen Wasserreserven, wenn auch eher auf kleinerem Niveau, ist neben einem transafrikanischen Straßennetz ein zentraler Bestandteil der Pläne für eine panafrikanische Infrastruktur. Der Inga-Staudamm nahe der Kongo-Flussmündung, der größte der Welt, liefert bis heute Strom bis nach Südafrika, egal ob es im Kongo Strom gibt oder nicht. Er soll mit Hilfe von Siemens demnächst modernisiert werden.

Die böse Pipeline

Mit 3,8 Milliarden Dollar ist es das derzeit größte einzelne private Investitionsprojekt in Afrika südlich der Sahara: die Erschließung neu entdeckter Ölfelder im Süden des Tschad durch die Ölkonzerne Exxon, Petronas und Chevron und die 1.070 Kilometer lange Ölpipeline, die das Öl zwecks Export in den Hafen Kribi in Kamerun bringen soll. Das Öl soll im Tschad ab Anfang 2004 25 Jahre lang sprudeln.

Um kaum eine Baumaßnahme in Afrika ist so viel gestritten worden. Proteste von Umweltschützern verzögerten eine Entscheidung der Weltbank, den Pipelinebau zu unterstützen, um mehrere Jahre. Im Ölgebiet beklagen Gegner der Regierung von Präsident Idriss Déby eine verschärfte Unterdrückung. Déby benutzte einen Teil seiner ersten Einnahmen aus dem Ölgeschäft, um Waffen zum Einsatz gegen Rebellen zu kaufen.

Die Baumaßnahmen zur Vorbereitung der Ölförderung haben nach Angaben aus der Region die lokale Wirtschaft zerstört. In einem Bericht heißt es: „Die traditionelle Buschlandschaft hat einer industriellen Großanlage Platz gemacht. Die betroffene Bevölkerung hat keine Entschädigung dafür erhalten. Auf den Straßen fahren Lkws und andere Fahrzeuge in großer Zahl. Der aufgewirbelte Staub färbt Luft und Landschaft noch mehrere hundert Meter rechts und links der Straße rotbraun. Die landwirtschaftliche Nutzung ist deutlich eingeschränkt beziehungsweise nicht mehr möglich. Die für Bohrlöcher vorgesehenen Flächen sind planiert und von allen Pflanzen geräumt. Dort, wo die Bohrungen bereits niedergebracht wurden, lagern Bohrschlämme. Die Wachleute halten die Abfälle und Abwässer für toxisch.“