Käfig voller Narren

Einer der erfolgreichsten thailändischen Filme aller Zeiten: Die Schwulen- und Transenklamotte „Iron Ladies“

Manchmal tauchen selbst in „Iron Ladies“ diese unspektakulären Details auf, die aus einem guten Film einen sehr guten Film machen. In der thailändischen Komödie um ein schwules Volleyballteam, das sich trotzig gegen alle homophoben Widerstände bis zur Meisterschaft schmettert, sind es wenige kleine Episoden: In der Garderobe eines Varietés entdeckt Bee, die Trainerin des Teams, in einer Ecke eine Peitsche. Während das eigentliche Geschehen im Vordergrund stattfindet, schlägt die schmächtige Bee vorsichtig, fast schüchtern ein-, zweimal durch die Luft. Auf ihrem Gesicht zuerst Erstaunen und Unverständnis, dann plötzlich ein zufriedenes Lächeln. Das ist witzig, erzählt aber vor allem auch von der soeben erfolgten Ermächtigung und dem damit verbundenen neuen Selbstbewusstsein, mehr, als es jeder Dialog könnte.

Solche Momente aber sind selten in „Iron Ladies“. Der Film verlässt sich ganz auf seine lauten und bunten ProtagonistInnen. Und auf seine Geschichte, die schließlich eine wahre ist – und trotzdem so unglaublich und unwahrscheinlich, wie sie wohl nur das Leben schreiben kann: 1996 geschah es, dass ein Team aus Schwulen, Transvestiten und Transsexuellen die Gegenspieler mit Lidschatten, Lippenstift und Hüftschwung irritierte, so zum nationalen Ereignis wurde und tatsächlich die thailändische Volleyball-Meisterschaft gewann.

Regisseur Yongyooth Thongkonthun setzt bei seiner Umsetzung dieser Geschichte, die an entscheidenden Stellen natürlich zugespitzt und dramatisiert wurde, auf homosexuelle Prototypen wie die Drag Queen mit dem losen Mundwerk, den Schwulen mit Angst vor dem Coming-out, der umoperierten Schönheitskönigin, die daran verzweifelt, trotzdem nicht mit Frauen konkurrieren zu können, und der Lesbe, die meint, sich verkniffener als ein Mann geben zu müssen, um sich durchsetzen zu können. Doch damit nicht genug: Wie direkt importiert aus Filmen wie „Ein Käfig voller Narren“ oder „Priscilla – Königin der Wüste“ scheinen die verlässlichsten Klischees, ob beim Kaffeetrinken abgespreizte kleine Finger oder kreischende Tunten. Schließlich bricht einer gar weinend auf dem Spielfeld zusammen – wegen eines abgebrochenen Fingernagels. Das mag nicht allzu entfernt sein von der Verklemmung, die dereinst hinter „Charley’s Tante“ stand, aber der Erfolg gibt Recht: „Iron Ladies“ wurde trotz minimalem Budget nicht nur zum kommerziell zweiterfolgreichsten thailändischen Film, sondern räumte bei schwul-lesbischen Filmfestivals die Publikumspreise ab.

Immerhin: „Iron Ladies“ entwickelt einen befreienden Witz, der ebenso auf Kosten homophober Gegenspieler und Funktionäre geht wie auf die Helden und Heldinnen selbst. „Bisexuelle?“, kommentiert eine der Ladies abschätzig den Liebeskummer der Mitspielerin, „denen kann man nun mal nicht trauen.“ Sexuelle Orientierungen werden nie in Frage gestellt, stattdessen für Emanzipation und Toleranz geworben.

Da aus gut gemeint aber bekanntermaßen nicht automatisch gut gemacht wird, trägt „Iron Ladies“ seine Botschaften bisweilen so plakativ und aufdringlich vor wie die Hauptdarsteller ihr Make-Up auf.

THOMAS WINKLER

„Iron Ladies“, R: Youngyooth Thongkonthum, D: Jesdaporn Pholdee, Sahaphap Tor, Ekachai Buranapanit u. a., Thailand 2000, 104 Min, Termine cinema taz