Für eine Hand voll Bravos

Anwälte des Bauer-Verlags gehen gegen markengefährdende Motto-Party vor  ■ Von Markus Vogt

Das „Kir“ zählt seit Jahren zu den beliebtesten Tanzschuppen in Hamburg. In farbenprächtiger Nachbarschaft der grau-weißen Autovermietung und gelb-leuchtender Tankstelle tummelt sich das Jungvolk verschiedenster Couleur und Orientierung zum nächtlichen Schwof. Ein besonderes Highlight war die Anfang Juni abgehaltene „Bravo Party“.

Eine Kir-Gängerin, ein Dj sowie einer der Tresenkräfte hatten in ihren Erinnerungen gekramt und das Jugendmagazin als zeitlosen Bezugspunkt für alle Musikrichtungen und das entsprechende Publikum ausgemacht. In Anlehnung an den ominösen Beratungsonkel des Blattes formierten sich die drei zum „Dr. Sommer-Team“, mieteten das „Kir“ an und verzierten die Innenwände mit einer Auswahl an Titelbildern und intellektuell höchst anspruchsvollen Beiträgen des Teenie-Herzschmerz-Blattes. Zu diesen Artikeln galt es tiefschürfende Fragen zu beantworten wie etwa „Wer war auf dem Titelblatt der Ausgabe 12/82 abgebildet?“ oder „Hattest du schon mal Geschlechtsverkehr?“.

Damit die Gaudi noch mehr Sinn bekam, gab es Preise zu gewinnen, wie den „Udo Jürgens-Starschnitt“. Die pfiffige Idee traf den Geschmack des Publikums, so dass für die drei nach Abzug der „Kir“-Miete und Unkosten für Flyer „Geld für ein gutes Abendessen“ übrig blieb – sagen jedenfalls die Beteiligten. Doch am Essen konnten sie sich nicht lange erfreuen – das Imperium schlug zurück: Die Bravo, zum Hamburger Heinrich Bauer Verlag gehörend, setzte ihre Anwälte in Marsch. Oder wahrscheinlicher: Diese setzten sich selber in Marsch, ausgestattet mit einer Vollmacht, mit deren Hilfe sie gegen alles und jeden klagen können, der ihrer Meinung nach den Namen eines der verschieden Bauer-Titel zweckentfremdet. Von Seiten des Bauer-Verlags kam nach Anfrage nur die juristische Erklärung der Pressesprecherin Katrin Hienzsch, dass „keine Party unter Markenlogo“ stattfinden dürfe und „es keine vorherige Anfrage gegeben hat“.

Wie auch immer, „Kir“-Betreiber Michael Westeroth sah sich mit einer Aufforderung zur Unterlassung konfrontiert, denn die findigen Paragraphen-Kenner hatten auf der Website der Diskothek die Ankündigung zur „Bravo Party“ entdeckt. Den Streitwert setzten die Bauer-Anwälte mit 150.000 Mark an und werteten damit das „Kir“ quasi als wirtschaftlich gleichwertig mit dem Magazin.

Zwar besitzt das Jugendblatt das alleinige Verfügungsrecht über den Namen, dennoch sprengt diese Summe den Rahmen, da in der Diskothek selbst an einem guten Abend noch nicht einmal ein Zehntel der 150.000 Mark umgesetzt wird. Die Parteien einigten sich außergerichtlich, wodurch Kir-Betreiber Westeroth und den „Dr. Sommers“ viel Ärger erspart blieb. Freuen können sich auf jeden Fall die Bauer-Advokaten über etwa 3-4000 Mark, da sich ihre Gage nach der Höhe des Streitwerts richtet. Ein Insider bezeichnet diese Art des Vorgehens und der damit verbundenen Geldbeschaffung schlicht als „Masche“.

Am 23. Dezember wird wieder im „Kir“ gefeiert. Dann handelt es sich aber um eine Benefiz-Veranstaltung, mit deren Hilfe die Betroffenen die Anwaltskosten decken wollen. An diesem Abend begrüßt nun aber das „Dr. Winter-Team“ artig das beinschwingende Publikum, denn die „Brave Party“ ist angesagt. Natürlich wieder mit einem „doofen Gewinnspiel“. Beim ausgelobten Preis handelt es sich diesmal vermutlich nicht um ein Bravo-Jahresabo.