Die Prüfung übernimmt der Partner

Die Pannen im niederbayerischen Atomreaktor Isar I in Ohu sollen angeblich unabhängig überprüft werden: Durch den TÜV, das bayerische Umweltministerium und eine Schweizer Gutachterfirma, die auch mit dem Atomkonzern RWE verflochten ist

von KLAUS WITTMANN

Lückenlos will Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) die Missstände im niederbayerischen Atomkraftwerk Isar I aufklären. Gerade weil die Staatsregierung der friedlichen Nutzung der Kernenergie positiv gegenüberstehe, werde sie keine Rücksicht auf die Interessen des Betreibers nehmen, sagte er. Doch die angekündigte unabhängige Prüfung bekommt jetzt einen Beigeschmack.

Drei Stellen sollen die Vorwürfe um Manipulationen bei Sicherheitsüberprüfungen begutachten und die Zuverlässigkeit des Betreibers Eon abchecken. Zum einen sei das das bayerische Umweltministerium, sagt Ministeriumssprecher Robert Schneider. Danach komme der TÜV als Fremdgutachter und – weil dieser ja auch im Zusammenhang mit den umstrittenen Prüfungen kritisiert worden sei – dann zusätzlich ein Schweizer Gutachter. Dabei handelt es sich um die Colenco Power Engineering AG in Baden-Dättwil. Man habe diese ausgesucht, „um in der Öffentlichkeit zu dokumentieren, dass wir höchste Sicherheitsmaßstäbe anlegen“, so Schneider. Der Auftrag sei bereits erteilt. Ausschlaggebend sei eine positive Referenzliste gewesen.

Ein Blick auf die Gesellschafter- und Beteiligungsstruktur dieses laut Selbstdarstellung „führenden Ingenieurunternehmens der Schweiz“ zeigt freilich, dass es ausgesprochen eng mit der Atomindustrie verflochten ist. Unter anderem sind der französische Atomenergieriese EDF (Electricité de France) und der deutsche Atomstromproduzent RWE AG, wie übrigens auch die Dresdner Bank und die HypoVereinsbank, mit der Colenco AG verflochten – und zwar über die Aare-Tessin AG. Die stellvertretende Vorsitzende des Umweltausschusses im Bayerischen Landtag, Ruth Paulig (Grüne), hält daher die Schweizer Ingenieurfirma für ungeeignet für die Begutachtung: „Hier muss ein Institut herangezogen werden, das nicht im Mindesten mit der Atombranche verstrickt ist.“

Erstaunt reagiert man im bayerischen Umweltministerium. „Die Verschachtelung, wie Sie sagen, und somit die Beteiligung der RWE war bei uns nicht bekannt“, sagte Ministeriumssprecher Robert Schneider in einer ersten Stellungnahme und nach Rücksprache mit der zuständigen Fachabteilung. Schwer vorstellbar, denn mit zwei, drei Mausklicks kommt man von der Colenco-Homepage zum Link von RWE. Dass auf diese Weise ein von der Atomindustrie mitfinanziertes Ingenieurunternehmen als „unabhängiger“ Prüfer eingesetzt wird, stört freilich das bayerische Umweltministerium nicht. „An den beiden Kraftwerken in Ohu ist die RWE schließlich nicht beteiligt“, meint der Ministeriumssprecher. „Ein Interessenskonflikt sollte damit eigentlich ausgeschlossen sein.“

Noch etwas fällt bei genauerem Hinsehen auf, und das hat mit dem umstrittenen Atommeiler in Philippsburg zu tun: Interne Protokolle hatten den TÜV Baden 1988 im Zusammenhang mit der Prüfung und Genehmigung von Philippsburg II in einem schlechten Licht dastehen lassen. Damals hatte der Leiter der Abteilung Kerntechnik im TÜV erklärt, sämtliche Messungen an sicherheitsrelevanten Anlageteilen bereits vor der Beschickung mit Brennstäben abgeschlossen zu haben. Eine Aussage, die sich als falsch herausstellte. Dieser Mitarbeiter musste damals seinen Hut nehmen und ist heute bei der Schweizer Colenco AG als Sicherheitsmanager in der Abteilung Kerntechnik tätig.

Colenco stellt übrigens auf ihren Internetseiten heraus, dass sie seit 1991 „als einer der ersten Berater des tschechischen Energieunternehmens CEZ“ tätig ist. Den Meiler Temelín präsentieren die Schweizer stolz im Bild.