Eine Frau der klaren Worte

Fraktionschefin der niedersächsischen Grünen, Rebecca Harms, will Verluste bei Kommunalwahl nicht beschönigen

Rebecca Harms ist eine Freundin klarer Worte und deswegen will die Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion in Hannover den Ausgang der niedersächsischen Kommunalwahlen auch nicht beschönigen. Sie spricht offen von einem „schlechten Ergebnis“.

Schließlich habe Bündnis 90/Die Grünen gegenüber der Kommunalwahl 1996 ein Viertel der Wählerstimmen verloren und sei von 9,7 Prozent der Stimmen auf nun 6,7 Prozent abgesackt. Die 44-jährige Harms, die im Landkreis Lüchow-Dannenberg beheimatet ist und aus der Anti-AKW-Bewegung den Weg in die Politik gefunden hat, sieht vor allem außerhalb der großen Städte Probleme für ihre Partei. Gerade in der Fläche des zweitgrößten deutschen Bundeslandes habe die grüne Partei sehr viele kommunale Mandate verloren. Dies seien „Verluste, die uns wehtun“. Immerhin wüssten die niedersächsischen Grünen, wo sie stünden – ein gutes Jahr vor der Bundestagswahl und eineinhalb vor der nächsten Landtagswahl.

Für Harms, die vor ihrer späten politischen Karriere, vor ihrer ersten Wahl in den Landtag 1994, mehrfach Vorsitzende der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg war, ist das Absacken der Grünen im Wendland besonders schmerzlich. Allerdings hat Harms nach den jahrelangen Auseinandersetzungen um die Atompolitik, in denen sie oft zwischen heimischer Basis und Parteiführung stand, auch kein anderes Ergebnis mehr erwarten können. Bei der Kommunalwahl bekamen die Grünen im Wendland nur noch 4,7 statt der 16,1 Prozent des Jahres 1996.

In dem Streit über den Atomkonsens hatte der grüne Kreisverband die Hälfte seiner Mitglieder und die gesamte Kreistagsfraktion eingebüßt. Die alte Grünen-Fraktion hatte eine Konkurrenzorganisation gegründet, die als „Grüne Liste Wendland“ bei den Kommunalwahlen antrat.

„Mich hat dieses Ergebnis im Wendland nicht überrascht“, sagt denn auch Harms. Immerhin sei ihre Partei nach dem Austritt der Fraktion nun wieder mit zwei Abgeordneten im Kreistag vertreten. Sorge macht Harms vor allem, dass dort das gesamte von der SPD bis zu Wählergemeinschaften reichende atomkritische Lager verloren hat – und CDU und FDP mit einem Zugewinn von 5,6 und 0,7 Prozent die Gewinner der Wahl sind. Auch wenn Harms darüber nicht spricht: Das Wahlergebnis im Landkreis Lüchow-Dannenberg ist auch eine späte Folge der Demonstrationsverbote, die die Parteiführung den niedersächsischen Grünen beim letzten Castor-Transport auferlegen wollte. Sie haben die Partei im Wendland nur lächerlich gemacht.

Rebecca Harms, die auch Mitglied des grünen Parteirates ist, will bei der niedersächsischen Landtagswahl 2003 noch einmal als Spitzenkandidatin antreten. Nach der Satzung des Landesverbandes braucht sie dafür eine Ausnahmegenehmigung, die Zweidrittelmehrheit eines Landesparteitages. Die 44-Jährige, die eigentlich Gärtnerin gelernt hat, bevor sie Filmemacherin und später Politikerin wurde, sieht ihre innerparteiliche Stellung durch das wendländische Kommunalwahlergebnis „in keiner Weise gefährdet“. Dennoch ist es auch bei den Grünen nicht allerorten wohlgelitten, wenn jemand eine Niederlage beim Namen nennt und auf die nachlassende Mobilisierungskraft verweist, die sich bei der Kommunalwahl einmal mehr gezeigt hat. JÜRGEN VOGES