Erst mal prüfen

Menschliches Versagen gilt als wahrscheinliche Ursache des Störfalls im AKW Biblis. Bergung noch nicht in Sicht

BERLIN taz ■ Guter Rat ist in solchem Falle nicht so schnell zu haben: Die im Abklingbecken des AKW Biblis abgerutschten Brennstäbe werden vorerst dort bleiben. Am Montag war es beim Beladen eines für die Wiederaufbereitungsanlage La Hague bestimmten Transportbehälters zum Störfall gekommen: Im Abklingbecken wurden per Kran abgebrannte Brennelemente verladen. Dabei riss bei einem der Kopf ab, die Stahlröhren mit dem innen liegenden Reaktorbrennstoff fielen auf die Oberkante. Das alles passierte im Abklingbecken – also unter Wasser. Strahlende Teilchen traten bislang nicht aus. Der beschädigte Greifkopf ist frei von Radioaktivität.

Am Dienstagabend hatten Experten des Betreibers RWE, des TÜV, des hessischen und des Bundesumweltministerium den Sachstand untersucht. Nach ihren Erkenntnissen habe das Brennelement beim Verladen schräg gestanden. Das führte zu einer Überlastung des Kopfes, der daraufhin abbrach und abrutschte. „Menschliches Versagen ist nicht auszuschließen“, erklärte gestern Michael Rolland, Sprecher des hessischen Umweltministeriums. Endgültig geklärt werden könne die Ursache aber erst nach Bergung und anschließender Materialprüfung.

Für diese Bergung wird jetzt ein Konzept gesucht, das – bevor es umgesetzt wird – dem hessischen Umweltministerium zur Genehmigung vorgelegt werden muss. Untersucht wird auch, ob sicherheitstechnische Änderungen notwendig sind. Nach dem so genannten Einzelfehler-Toleranzprinzip – ein Terminus technicus aus der Chemie, der auch in der Reaktorsicherheit zutrifft – darf ein Fehler allein noch keinen Störfall auslösen. Übersetzt bedeutet das: Die Sicherheitssysteme der Verladestation müssen so funktionieren, dass ein Bedienfehler nicht zum Störfall führen darf. Falls doch, bestehen sicherheitstechnische Mängel.

NICK REIMER