Königsdrama ganz in echt

■ Die Bremer Shakespeare Company trennt sich von ihrem Mitgründer Norbert Kentrup. Der will dazu erst Ende August etwas sagen

Die Bremer Shakespeare Company spielt Königsdramen nicht nur auf, sondern auch hinter der Bühne. In dieser Woche ist nach jahrelangen Auseinandersetzungen der Vorhang gefallen: Zum Ende dieser Spielzeit wird das Arbeitsverhältnis mit dem Theatermitgründer Norbert Kentrup „einvernehmlich, gütlich und im gegenseitigen Interesse aufgehoben“, gab das Theater in einer Pressemitteilung bekannt. „Die Trennung ist das Ergebnis eines langjährigen Prozesses, in dem es nicht gelungen ist, Kommunikationsschwierigkeiten mit Ensemble und Mitarbeitern aufzuheben.“ Kentrup, der sich zurzeit in Finnland aufhält, wollte dazu gestern keine Stellung nehmen. Er kündigte für Ende August eine Presskonferenz an.

Ohne Norbert Kentrup wäre die Bremer Shakespeare Company vermutlich nie gegründet worden. Dementsprechend schwer muss ihm und allen Beteiligten die Trennung von seinem Lebenswerk fallen. Auf Bitten von Kultursenator Bernt Schulte (CDU) soll Ulrich Fuchs, Theaterwissenschaftler und Dramaturg am Moks-Theater, den Scheidungsfall moderieren. „Es geht darum, ob Kentrup im Umfeld der Company noch eine Rolle spielen kann“, sagte Fuchs gestern. Für ihn ist klar: „Kentrup ist eins der Aushängeschilder der Stadt.“

Zusammen mit Dagmar Papula, die dem Ensemble noch angehört, und fünf weiteren SchauspielerInnen hat Kentrup den Verein 1984 gegründet und ein Jahr später die erste Inszenierung in den Kammerspielen an der Böttcherstraße herausgebracht.

Krach im 1988 an den Leibnizplatz umgezogenen Ensemble hat es schon häufiger gegeben. Doch der Partriarch Kentrup ist geblieben. Zu Beginn der 90-er Jahre war er als neuer Schauspiel-Direktor am Bremer Theater im Gespräch. Vor zwei Jahren waren Papula und er für einen längeren Auslandsaufenthalt aus dem Ensemble ausgestiegen.

Der Streit mit und um die Vaterfigur hatte dem Vernehmen nach neben dem menschlichen vor allem eine ästhetische Komponente. Fast in einer Art Generationenkonflikt wurde und wird im inzwischen 28-köpfigen Ensemble über die Richtung gerungen. In der Gründungsphase hatte die Bremer Shakespeare Company mit einem frischen und frechen Zugang zu den Stücken des Theaterdenkmals überrascht. In so genanntem Volkstheater wurden selbst die eigens neu übersetzten Tragödien mit komischen Anspielungen auf Bremer Verhältnisse gewürzt. Diese Einzigartigkeit hat das Theater inzwischen eingebüßt. Durch Kooperationen mit Theatern in aller Welt und eine Verjüngung des Ensembles schleift die Company an einem veränderten Profil.

Die neueren Inszenierungen unterliegen starken qualitativen Schwankungen. Dagegen sind die letzten Produktionen mit Kentrup und Papula in Hauptrollen beständig. Die jüngste Inszenierung, das zusammen mit dem Theaterhof Priessenthal inszenierte Stück „Die Brüder Grimm“, läuft mit großem Erfolg.

Die Pressemitteilung der Shakespeare Company ist vermutlich nicht der letzte Akt im Scheidungsfall. Wenn Kentrup in Bremen und auch noch im Umfeld der Company gehalten werden soll, stellt sich schnell die Frage nach dem Geld. Aus dem Etat des Theaters ist Insiderangaben nichts herauszuschneiden, wenn die Existenz des Hauses nicht gefährdet werden soll.

Christoph Köster