und tschüss
: Taha Kahya

taz: Taha, fünfzehn Jahre in der taz, und nun ein Ende?

Taha Kahya: An einem Freitag habe ich mich damals vorgestellt, für Montag wurde ich eingestellt. Früher war es viel chaotischer in der taz als heute. Das hat mir mehr Spaß gemacht. Da war viel mehr Abteilungsgeist. Das wurde miteinander verhandelt. Kontinuierlich wurde eine Hierarchie eingeführt. Damit kamen die Probleme. Die Leute wurden mehr getrennt.

Wie fühltest du dich als einziger Muslim unter Alternativen?

Wenn meine Kollegen Probleme hatten, dann mit mir und nicht mit meiner Herkunft. Das war wichtig für mich. Die taz hat mir in dieser Hinsicht sehr viel gegeben.

Also voll politisch korrekt?

Eine Geschichte nehme ich der taz richtig übel. Es war unser Zuckerfest nach Ramadan, das ist für Muslime von der Bedeutung wie Weihnachten für Christen. Ganz normale Betriebe wie Siemens oder Senat geben muslimischen Leuten an diesem Tag frei. Als mein Kind wegen des Feiertags schulfrei hatte, habe ich in der taz den Antrag gestellt, dass ich auch frei bekomme. Mit der Begründung, andere wären neidisch, wenn ich mehr Urlaub hätte, wurde mein Antrag abgelehnt. Ich könnte ja als Ausgleich Weihnachten arbeiten, wurde mir vorgeschlagen. Da dachte ich mir, diese Zeitung setzt sich für die Rechte von Minderheiten in der ganzen Welt ein, und ich als einziger Muslim in der taz bekam nicht das geringste Zugeständnis.

Bist du gläubig?

Jein. Ich bin damit aufgewachsen, dass es Allah gibt. Aber ich bete nicht fünfmal am Tag. Dabei ist das Beten Sport für Knochen und Gelenke.

Du kamst zum Studieren nach Deutschland. Was hat dir hier gefallen?

Als mir bei einem Vorstellungsgespräch der Berliner Bank der Personalchef die Tür aufhielt und mich begleitete, war ich so was von begeistert.

Weil in der Türkei alles autoritärer und hierarchischer ist?

Beispielsweise wollte mein Vater mich noch verheiraten. Als ich schon in Deutschland war, hatte er ein Mädchen für mich gesucht. Ich habe das abgelehnt. Weil er nicht verstehen wollte oder konnte, dass sein Sohn einen Befehl des Vaters nicht ausführt, war er so beleidigt, dass es fünf Jahre dauerte, bis wir uns versöhnt haben.

Bist du der verlorene Sohn?

Vieles, was mir in der Türkei gar nicht gepasst hat, zum Beispiel die politische Repression gegen Linke, hat einen Ausschlag gegeben, dass ich hier blieb. Wichtig war auch die Toleranz in der Sexualität. Mit 23 Jahren bin ich aus der Kleinstadt Iskenderun hierher gekommen. Damals, 1975, war es für mich neu, dass man mit einer Freundin ins Café gehen kann. Das Leben hier hat mich freier gemacht. Es ist eine Art Zeitsprung.

INTERVIEW: EDITH KRESTA