Fangenspielen im Dom

■ Die Freiburger „spacemoov.com(p)“ haben den Dom zur Bühne gemacht. Leider ist die Choreographie umständlich um brav

Rechts am Ende des Ganges sind zwei Säulenfiguren zum Leben erwacht. Synchron balancieren sie auf dem Torus und lassen ihre Körper schwingen. Schließlich klettern sie die Säule hinauf, biegen die Rücken nach hinten und strecken den BesucherInnen wie Monster aus Stein die Zungen hinaus. Das freche Paar spielt die beste von mehreren Szenen in der Ouvertüre einer Uraufführung. Wohl zum ersten und hoffentlich nicht zum letzten Mal in seiner langen Geschichte wird im Bremer Dom Tanztheater gezeigt. Die Freiburger Compagnie „spacemoov.com(p)“ hat in mehrwöchigen Proben unter dem Titel „links am ende des ganges“ ein dreiphasiges Stück für den Sakralbau kreiert. Die sieben TänzerInnen um die Choreographin Brigitte Jagg wollten für die schiere Größe des Baus und zugleich auch für dessen sakrale Bedeutung Bewegungen entwickeln.

Ein paar rote Äpfel liegen herum, später wird auch ein Taufbe-cken auf dem Boden des Nordschiffs aufgestellt. Bevor die etwa 300 ZuschauerInnen dort auf Stühlen Platz nehmen können, können sie zur Ouvertüre frei im Dom umherschlendern. Hinten entzückt das an den Säulen turnende Frauenpaar, unter der Empore tanzt sich einer schwindelig, seitwärts rüttelt ein anderer auf einer Stuhlpyramide, in einer Nische zärtelt ein Pärchen. Adam und Eva? Wohl nicht. Fast jede dieser kleinen Szenen könnte genauso auch anderswo gezeigt werden.

Genau das ist das Problem dieser Choreographie: Sie hat – auch in den späteren Ensembleszenen – ihre Stärken ausgerechnet da, wo sie sich aus allgemeinem Tanztheatervokabular speist. Umständlich und brav aber sind die vom Dom selbst inspirierten Einfälle.

Natürlich hallt es in diesem Gebäude. Also wird im Mittelteil vor allem die Akustik erkundet: ein biss-chen Gelächter, ein bisschen Gesang, etwas Geigenspiel, ein Schrei. Dazu huschen kaum sichtbar Gestalten durch die Kirchenbänke des Mittelschiffs. Das mag bei einer Aufführung für ein kleines Publikum durchaus wirkungsvoll, vielleicht gespenstisch sein. Vor 300 BesucherInnen aber wirkt das wie eine Spielerei. Manchmal läuft das siebenköpfige Ensemble durch die Reihen oder auch über den frei geräumten Boden des Nordschiffs, wo am Rand das Publikum sitzt. Das kann eine sehr dynamische und kraftvolle Bewegung sein. Hier aber sieht sie so aus, als spielten die TänzerInnen kriegen. Wenn sie nicht gerade ausdruckstanzen. Fast schon quälend langsam schreitet eine Mitwirkende in einer Szene durch die Halle, bis sie sich endlich an der Taufschale mit Wasser benetzt. Es gehört Mut dazu, eine Szene wie diese nicht zu streichen. Oder auch Selbstüberschätzung. Unterm Strich fehlt der ganzen Inszenierung die Dynamik, ist sie zu gefällig.

Viel Beifall. Christoph Köster