Belgien: Der EU Beine machen

Die Belgische Regierung stellt ein ehrgeiziges Programm für ihre EU-Präsidentschaft vor. Schwerpunkte: Die Einführung der Eurowährung, Sozial- und Migrationspolitik

BRÜSSEL taz ■ Zwei Monate vor Beginn ihrer EU-Präsidentschaft hat die belgische Regierung gestern in Brüssel ein ehrgeiziges Sechzehn-Punkte-Programm vorgelegt, an dem sie sich am Ende des Jahres messen lassen will. „Das ist für uns nicht ohne Risiko“, sagte Regierungschef Guy Verhofstadt. „Aber manchmal muss man sich in der Politik mit dem Rücken zur Wand stellen, damit sich etwas bewegt.“

Die Vorbereitung auf die Einheitswährung steht sicher nicht zufällig ganz oben auf der belgischen Liste. Jeden Monat soll überprüft werden, ob die Mitgliedsstaaten im Zeitplan bleiben. Parallel dazu wird noch einmal eine große Informationskampagne gestartet.

Den zweiten Platz räumt Belgien sozialen Fragen ein: Wie beim Gipfel von Lissabon beschlossen, sollen auch diesen Herbst wieder die Nationalen Beschäftigungsprogramme verglichen und bewertet werden. Die belgische Präsidentschaft will aber einen Schritt weitergehen: Aus den erfolgreichsten Fördermaßnahmen soll eine europäische Arbeitsmarktstrategie entwickelt werden. Zugleich sollen gemeinsame Ansätze zur Sicherung der Rentensysteme und der öffentlichen Finanzen gefunden werden. Angesichts der großen Unterschiede in den nationalen Sozialsystemen könnte dieser Prozess spannend werden.

Ein weiteres Ziel der Belgier ist die Angleichung der Asyl- und Migrationspolitik. Anerkennungsverfahren und Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge sollen vereinheitlicht werden. Hier scheint Belgien entschlossen, die humanitäre Linie der schwedischen Präsidentschaft vorzusetzen. Flüchtlinge hätten ein Anrecht auf den Schutz der Union, betonte Verhofstadt gestern. Schließlich werde in diesem Jahr der 50. Jahrestag der Genfer Flüchtlingskonvention gefeiert.

Beim Gipfel auf Schloss Laeken will Belgien Ende des Jahres den Startschuss für die nächste Reformrunde der EU geben. Gerhard Schröders jüngste Vorschläge würden „als nachhaltige Unterstützung verstanden, um eine ehrgeizige Erklärung von Laeken anzustreben“. Allerdings schätze man die in Deutschland gern verwendete Vokabel von der „Kompetenzabgrenzung“ nicht. „Es gibt Bereiche, wo Kompetenzerweiterungen nötig sind, zum Beispiel in der Außen-, Asyl- und Entwicklungspolitik“, so Verhofstadt gestern. Man solle deshalb besser von einer neuen „Kompetenzordnung“ sprechen, um deutlich zu machen, dass die EU einige Zuständigkeiten abgeben, in anderen Bereichen aber mehr Einfluss bekommen müsse. DANIELA WEINGÄRTNER