„Es gibt noch viel zu tun“

Vor einem Jahr streikten Lehrer und Schüler für bessere Bildungspolitik. Wolfgang Schlaak von der Aktion Bildung sieht zwar erste Erfolge, aber die reichen ihm nicht

taz: Herr Schlaak, heute vor einem Jahr gingen 60.000 Menschen auf die Straße. Dazu aufgerufen hatte unter anderem auch die von Ihnen mit organisiert Aktion Bildung, die kurz vorher einen großen Sternmarsch organisiert hatte. Seitdem hat man von Ihnen nicht mehr viel gehört. Sind die Probleme gelöst?

Wolfgang Schlaak: Wir haben im Herbst noch einmal eine kleine Demo veranstaltet und noch ein paar andere Aktionen. Die waren aber nicht so publikumswirksam wie der Streik oder der Sternmarsch. Ich muss anerkennend sagen, dass seitdem eine ganze Menge Positives passiert ist.

Was sind denn die guten Nachrichten?

Die Bildungsmisere ist durch den Druck der Eltern, Lehrer und Schüler in der Stadt zum Thema geworden, insbesondere bei den Politikern. Sie bestreiten nicht mehr, dass es Probleme gibt. Das war vor einem Jahr völlig anders. Es ist dennoch erschreckend, wie lange das gedauert hat, denn die Fakten waren seit Jahren bekannt. Den Politikern geht auch nicht mehr nur um die bessere Ausstattung von Gymnasien, sondern zum Beispiel auch um die Zukunft von Kindern nichtdeutscher Herkunft. Das finde ich gut.

Gibt es auch konkrete Verbesserungen?

Es gibt deutlich weniger Unterrichtsausfall und es sind rund 1.000 neue Lehrer eingestellt worden. An manchen Schulen hapert es zwar noch in einigen Fächern, aber flächendeckend funktioniert die Unterrichtsversorgung ganz gut. Das Zusammenspiel der Schulen mit dem Landesschulamt hat sich verbessert.

Bildung war ja auch das Motto des letzten SPD-Parteitages am vergangenen Wochenende. Nimmt die SPD das Thema tatsächlich ernst?

Ja, aber das ist von einer Regierungspartei auch zu erwarten. die CDU müsste da auch noch mehr tun. Mich hat es sehr gefreut, dass in so vielen Parteigremien sehr differenziert diskutiert wird. Die SPD muss jetzt bei den Haushaltsverhandlungen erreichen, dass der Bildungsbereich noch mehr Geld bekommt.

Was sind denn Ihre vordringlichsten Wünsche?

Die Klassen müssen kleiner werden. Der beste Unterricht funktioniert nicht, wenn 35 Schüler in einer Klasse sind. Außerdem müssen die Lehrer kontinuierlicher fortgebildet werden. Die Unterrichtsmethoden sind häufig sehr veraltet. Dass der Lehrer vorne an der Tafel steht und etwas erzählt, ist absolut unmodern. Es muss noch viel getan werden.

Werden Sie dafür wieder auf die Straße gehen?

Natürlich, aber wir überlegen uns gerade andere Protestformen. Zum Bespiel wollen wir eine „Bildungsmeile“ organisieren, in der sich Schüler, Eltern und Lehrer informieren können. Eine Demo ist zu wenig.

INTERVIEW: JULIA NAUMANN

Wolfgang Schlaak (52) ist Vater aus Spandau und hat den ersten Sternmarsch im März 2000 mit initiiert