Kurde bleibt frei

Gericht in Istanbul spricht den Schriftsteller Mehmet Uzun von dem Vorwurf frei, die PKK unterstützt zu haben

ISTANBUL taz ■ „Wir haben einen weiteren Schritt in Richtung Demokratie getan.“ Mit dieser Bemerkung begrüßte der bekannteste türkische Schriftssteller, Yasar Kemal, gestern den Freispruch seines Kollegen Mehmet Uzun durch das Istanbuler Staatssicherheitsgericht. Der in Schweden lebende kurdische Schriftsteller Mehmet Uzun war angeklagt worden, mit seinem Buch „Das Licht ist die Liebe, die Dunkelheit der Tod“ eine „terroristische Organisation“, gemeint ist die PKK, unterstützt zu haben.

Das Buch von Uzun hatte deshalb in der Türkei Aufsehen erregt, weil es das erste in kurdischer Sprache geschriebene Buch ist, das ins Türkische übersetzt wurde. Uzun, der seit langem in Schweden lebt, gehört zu den bekanntesten kurdischen Autoren aus der Türkei. Seine Bücher wurden in verschiedene Sprachen übersetzt, unter anderem auch ins Deutsche.

Anfang letzten Jahres brachte dann der „Gendas Kultur Verlag“ in Istanbul eine türkische Übersetzung heraus. Stolz präsentierte Uzun sein Buch, in Talkshows wurde er als Beweis für die zunehmende Toleranz gegenüber der kurdischen Kultur vorgestellt. Selbst Außenminister Ismael Cem hatte, als er im letzten Jahr Schweden besuchte, Uzuns türkische Ausgabe von „Das Licht ist die Liebe, die Dunkelheit der Tod“ im Gepäck, um seiner Kollegin Anna Lindt zu beweisen, dass die Türkei in der Kurdenfrage auf dem richtigen Weg sei.

Umso peinlicher, dass Uzun dann wenig später von der Staatsanwaltschaft des Staatssicherheitsgerichts angeklagt wurde, mit demselben Buch die PKK zu unterstützen. Zu allem Übel hatte Schweden mittlerweile auch noch den Vorsitz in der EU übernommen. So waren zur Verhandlung vor zwei Tagen denn auch nicht nur zahlreiche prominente türkische Schriftsteller zu Unterstützung ihres aus Scheden angereisten Kollegen gekommen, sondern auch zwei schwedische Fernsehteams.

Uzun bestritt in seiner Stellungnahme, mit einer Ideologie, einem Staat oder einer Organisation in Verbindung zu stehen. „Ich halte es für böse Unterstellung, dass mein Roman ein Instrument der Propaganda sei“, hielt er dem Richter vor.

Zum Glück für die türkische Außenpolitik und die Literatur sprach der Richter Uzun frei. Auch in einem zweiten Verfahren, das mit demselben Vorwurf gegen Uzun wegen seines Essaybands „Die Blumen des Paradiesapfel“ angestrengt worden war, wurden der Schriftsteller und sein Verleger freigesprochen.

JÜRGEN GOTTSCHLICH