Ölteppich vor Galapagos wächst

Bereits über 700.000 Liter Öl aus havariertem Tanker geflossen – Seelöwen und Pelikane ölverschmiert geborgen. Greenpeace macht Gewinnstreben der Reedereien für Unglück verantwortlich und fordert Blackbox und Doppelrumpf für alle Tanker

BERLIN dpa/afp/ap ■ Die Ölpest vor den Galapagosinseln breitet sich weiter aus. Der Ölteppich hat nach Angaben der Behörden bereits die ersten Strände des einzigartigen Naturreservats erreicht. Im Rumpf des vor der Insel San Cristobál gestrandeten ecuadorianischen Tankers „Jessica“ seien außerdem neue Risse aufgetreten. Bereits achtzig Prozent der insgesamt 900.000 Liter Treibstoff an Bord seien ins Meer gelangt, sagte der ecuadorianische Umweltminister Rodolfo Rendon. Der Schaden für die Umwelt sei äußerst groß. Am Sonntag entdeckten Naturforscher die ersten ölverschmierten Tiere: Seemöwen und Pelikane.

Der schmierigschwarze Ölteppich hat inzwischen eine Ausdehnung von insgesamt etwa 1.200 Quadratkilometern. Durch die Meeresströmung ist er in mehrere kleinere Teile zerrissen und hat offenbar die Küstenlinie der Inseln Santa Fé, Santa Cruz und San Cristobál erreicht. „Die Verschmutzung hat gerade erst begonnen“, sagte Rendon. Aus dem am Dienstag auf Grund gelaufenen Tanker tritt seit Freitag Öl aus. Der Teppich bedroht die größte Seelöwenkolonie der Inselgruppe, die berühmten Galapagos-Echsen sowie zahlreiche Meeresvögel, Haie und Hummer, wie der Direktor des Nationalparks, Eliecer Cruz, mitteilte. Die knapp 1.000 Kilometer westlich von Ecuador gelegenen Galapagosinseln sind ein weltweit einmaliger Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten (siehe Kasten).

Zur Eindämmung des Ölteppichs wurden schwimmende Barrieren errichtet. Doch mangelt es den ecuadorianischen Behörden nach eigenen Angaben an ausreichendem Gerät. Zur Unterstützung der Maßnahmen gegen die Ölpest trafen am Sonntag Umweltexperten der US-Küstenwacht mit Spezialgerät in Ecuador ein. Etwa 500 Einheimische und ein Dutzend US-Experten zur Ölbekämpfung sind inzwischen vor Ort im Einsatz. Die Arbeiten werden von einer schweren Dünung behindert.

Der ecuadorianische Präsident Gustavo Noboa forderte am Sonntag einen detaillierten Bericht über die Ursache des Unglücks. Gegen Kapitän und Eigner des Havaristen ist laut Polizei noch keine Anklage erhoben worden. Die Behörden führen das Schiffsunglück auf einen Navigationsfehler zurück.

Nach Ansicht der Umweltschutzorganisation Greenpeace ist die Tankerhavarie vor den Galapagosinseln eine Folge des „knallharten Gewinnstrebens“ bei Öltransporten. „Reeder und Ölfirmen machen Profite auf Kosten der Sicherheit“, sagte der Greenpeace-Schifffahrtsexperte Christian Bussau. Die weltweite Tankerflotte sei „vollkommen überaltert“. Viele der Schiffe seien als „schwimmenden Zeitbomben“ auf den Meeren unterwegs.

Laut Bussau verunglücken etwa 0,1 Prozent der fünf bis neun Jahre alten Tanker. „Bei 20 bis 24 Jahre alten Tankschiffen ist die Verlustrate zehnfach höher“, betonte der Greenpeace-Experte. Alte Tanker seien zudem schlecht gewartet und fahren mit schlecht ausgebildeten Mannschaften: „Oft fehlen sogar aktuelle Seekarten an Bord.“ Für derartige „Gefahrguttransporte“ müssten „Kontrollen durch unabhängige Prüfer extrem verstärkt“ werden. Bussau forderte den Einbau einer „Blackbox“ auf allen Schiffen. Über einen solchen Fahrtenschreiber könnten auch von einer Landbasis der Zustand der Maschine kontrolliert und nach einem Unglück die Fehlerquelle genau bestimmt werden.

Außerdem forderte Greenpeace die „schnellstmögliche Einführung der erheblich sichereren Doppelrumpf-Schiffe“. Nach den bisherigen Bestimmungen dürften vor 1982 gebaute Tanker noch 25 Jahre mit einfachem Rumpf fahren, später gebaute Schiffe sogar dreißig Jahre. „Diese Frist ist viel zu lang“, sagte der Schifffahrtsexperte. Er wertete es als einen richtigen Schritt der Europäischen Union, in EU-Gewässern von 2015 an nur noch Doppelrumpf-Tanker zuzulassen. Doch auch in diesem Fall müsse man noch viele Jahre mit „solchen schrecklichen Unfällen leben“.

HOLGER DAMBECK