Risse in Biblis A durch Schlamperei beim Bau

Kommission: Defekt an „sicherheitsrelevanter Stelle“ ist schon 27 Jahre alt, er kann aber repariert werden. Dann darf das AKW wieder ans Netz

FRANKFURT/M. taz ■ Der Ausschuss „druckführende Komponenten in Atomanlagen“ der Reaktorsicherheitskommission (RSK) des Bundes hat sich festgelegt: Die drei Risse an einer Schweißnaht im Bereich der Verbindung zwischen Notkühlsystem und Reaktorkühlkreislauf im AKW Biblis A seien „mit ziemlicher Sicherheit herstellungsbedingte“, sagte der Vorsitzende der RSK, Lothar Hahn, gestern auf Nachfrage der taz.

Der RSK-Ausschuss tagte am Dienstag bis in die Abendstunden. Angehört wurden Vertreter der Betreibergesellschaft RWE Energie AG, Gutachter der Landesbehörde (Atomaufsicht Hessen) und Vertreter des hessischen Landesregierung. Die Risse seien „reparabel“, so Hahn weiter. Danach könne Block A in Biblis, der wegen der Jahresrevision ohnehin schon im August vom Netz genommen wurde, wieder angefahren werden – allerdings wohl erst einige Wochen nach dem eigentlich vorgesehenen Termin im November.

Dass repariert werden müsse, sei im Ausschuss klar gewesen, berichtete Hahn weiter. Über das Wie sei aber noch nicht gesprochen worden. An einem Modell sollen Reparaturvarianten in dem schwer zugänglichen Teil der Anlage erprobt werden. Auch müssten die Überwachungssysteme des Reaktors optimiert werden: Schon 1992 waren die Risse bei Messungen aufgefallen. Die Anzeige interpretierte der TÜV allerdings als „Messfehler“.

Weil die Risse nicht, wie befürchtet, durch den Reaktorbetrieb entstanden seien, sondern durch Schlamperei bei Schweißarbeiten beim Bau der Anlage 1973, müssten Reaktoren ähnlicher Bauart jetzt nicht zwingend stillgelegt und auf den gleichen Defekt hin untersucht werden. Das Thema sei im Ausschuss allerdings „noch nicht ausdiskutiert“, sagte Hahn.

Fest steht: Der 1.200-Megawatt-Atomreaktor war knapp 27 Jahre lang am Netz – mit drei Rissen an einer von allen Experten als „sicherheitsrelevant“ bezeichneten Stelle. Gebaut hat ihn die Siemens-Tochter KWU. Im Rahmen einer von den Grünen und der CDU beantragten aktuellen Stunde wird sich der hessische Landtag heute mit dem Thema befassen.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT