Private sparen einfach besser

■ Das Land Bremen lässt die Gesundheitsausgaben für seine SozialhilfeempfängerInnen bald von Privatunternehmen prüfen

Im nordhessischen Kassel leben 20.000 SozialhilfeempfängerInnen, deren Gesundheitskosten die öffentliche Hand bestreitet. Seit im vergangenen Jahr eine private Firma die Kontrolle dieser Ausgaben vornimmt, hat die Kommune bereits 800.000 Mark eingespart. Dieses Beispiel soll nach einem Beschluss der Gesundheits- und Sozialdeputation jetzt auch in Bremen Schule machen – und Millionenbeträge sparen. Wie das System funktioniert, fragte die taz Kassels Sozialdezernentin Ilona Caroli (SPD), die Mutter der Idee.

taz: Bremen hat sich Kassel zum Vorbild genommen, wo es gelungen ist, die Ausgaben für kranke SozialhilfeempfängerInnen zu senken. Wie haben Sie das geschafft?

Ilona Caroli: Wir haben vor zwei Jahren mit der Deutschen Dienstleistungsgesellschaft für das Gesundheitswesen in Essen vereinbart, dass die für uns künftig Rechnungen und Rezepte von Apotheken, ÄrztInnen, ZahnärztInnen etc. prüfen. Letztes Jahr, im ersten Jahr nach dieser Vereinbarung also, konnte ich schon 800.000 Mark auf die Haben-Seite buchen. Geld, das wir praktisch einsparen konnten.

Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

Ich bin in dem Bereich vor weit über 40 Jahren mal ausgebildet worden und wusste, dass es Spannen gibt. Das hat sich über all die Jahrzehnte und trotz mehrerer Gesundheitsreformen wohl nicht geändert. Ich habe dann Stichproben bei unseren SachbearbeiterInnen gemacht, die sich in dieses Abrechnungsfeld ja erst ganz neu einarbeiten mussten – obwohl sie eigentlich ihre wertvolle Arbeitskraft für andere Dinge einsetzen sollen, denn wir haben einen ganzheitlichen Ansatz. Wir zahlen nicht nur Sozialhilfe aus, wir bringen jedes Jahr 800 Menschen in versicherungspflichtige Beschäftigungen – und da möchte ich meine Sachbearbeiter-Innen auch zu Hause wissen. So kam ich auf die Idee, private Gesellschaften, die ja auch für Krankenhäuser und andere Ärzte abrechnen, zu beauftragen.

Wieso kann der öffentliche Dienst nicht ebenso effektiv kontrollieren?

Wir haben es über Jahre gemacht – allerdings zusätzlich, ohne weiteres Personal. Außerdem gibt es im Sozialbereich so viele Änderungen, auf die MitarbeiterInnen sich ständig einstellen müssen – und außerdem half diese Abrechnerei ja niemandem weiter, weder SozialhilfeempfängerInnen noch unseren MitarbeiterInnen, die lieber aktiv auf die Menschen zugehen und sie in den Beruf bringen sollten.

Bislang waren SozialhilfeempfängerInnen – weil deren Verordnungen dem Budget nicht unterliegen – in Arztpraxen auch dann gern gesehene Gäste, wenn das Krankenkassenbudget schon überschritten war. Ist das also vorbei?

Das gilt für uns schon länger nicht mehr, weil ich während der ganzen Jahre darauf geachtet habe, dass die Menschen in die gesetzliche Krankenkasse kommen – so wie wir es mit der Sparkasse auch geschafft haben, dass fast alle dort ihr Guthabenkonto haben und wir kaum noch bar zahlen.

Welche Schwachstellen haben die privaten Prüfer denn aufgedeckt?

Zuerst einmal: Unsere 95.000 Rezepte und Krankenscheine müssen zeitnah bearbeitet und geprüft werden. Das war bei uns nicht immer möglich; Auszahlungen beispielsweise gingen bei uns vor. Am stärksten zurückgegangen sind Ausgaben für Arztabrechnungen und Medikamente.

Haben die Ärzte vorher zu viel oder zu teuer verschrieben?

Ich würde niemandem etwas unterstellen, ich werde mich hüten. Aber ich kann feststellen: Das Ausgabeverhalten der Ärztinnen und Ärzte hat sich verändert. Offensichtlich schauen jetzt alle genauer hin, weil Profis die Rechnung prüfen.

Wie hat die Ärzteschaft das aufgenommen?

Ich habe immer gesagt: Jedem, der korrekt abrechnet, sollte egal sein, wer es prüft. Schließlich gehe ich davon aus, dass alle korrekt abrechnen, also braucht sich niemand fürchten. So ist es doch. Ich muss mich doch nicht verstecken, wenn ich mit den Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger sorgsam umgehe. Fragen: Eva Rhode