Jo Brauner, einmalig

Der NDR klagt mal wieder gegen den Gebrauch des Wortes Tagesschau  ■ Von Elke Spanner

Der Mensch, ein Trottel. Der Belesene vor allem. Der, der hin und wieder einen Buchladen betritt und dort nach Lektüre stöbert. Oder der die taz in den Händen hält, um sich über das Weltgeschehen zu informieren. Denn belesene Menschen verwechseln Roman mit Sachbuch und Zeitungskolumne mit Fernsehnachrichtensendung. Glauben beim Buchkauf, sie informieren sich über das Entstehen der Tagesschau, und dann wird ihnen da eine Geschichte erzählt. Oder wähnen sich vor dem Fernsehbildschirm, während sie in Wahrheit eine druckergeschwärzte Zeitung vor sich haben.

Und alles nur wegen des Wörtchens „Tagesschau“. Wäre dessen Gebrauch einzig und allein dem Norddeutschen Rundfunke vorbehalten, würden ahnungslose Rezipienten nicht hilflos in die Irre geschickt, finden die Juristen des Senders und klagen vor Gericht gegen jeden Gebrauch von „Tagesschau“ jenseits der eigentlichen „Tagesschau“. Der S.Fischer Verlag hat nun gewagt, das Wort auf den Titel des Ende September erscheinenden Romans „Die Nachrichten“ zu drucken. Alle Kunden im Buchladen würden deshalb den Roman für ein Sachbuch halten, fürchten die NDR-Juristen. Würden an eine Kooperation mit dem NDR glauben, und weil der Sender nie um sein EInverständnis gefragt worden sei, betreibe der Fischer-Verlag unlauteren Wettbewerb. Der NDR beantragte deshalb gestern vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht, dem Fischer-Verlag den Buchtitel zu verbieten.

„Ich wette sechs Flaschen Rotwein darauf, dass Sie in ganz Deutschland keinen Buchladen finden, wo der Roman neben einem Sachbuch über die Tagesschau liegen wird“, steigt der Anwalt des Fischer-Verlages in den Ring. Der NDR nahm die Wette nicht an. Den Antrag indes zog er im Verlaufe der Verhandlung zurück, nachdem das Gericht signalisierte, dass es die Unterscheidung zwischen Sachbuch und Roman durchaus für eine Leistung hält, die im Bereich des menschlich Möglichen liegt.

Schwieriger scheint offenbar zu sein, eine Zeitungs-Kolumne von einer Fernsehsendung zu unterscheiden. Die taz hatte ihre tägliche Satire auf der Titelseite ursprünglich Tagesschau benannt. Auch dagegen zog der NDR vor Gericht – weswegen der Titel seither „verboten“ ist und auch so heißt.