Mit Geld gegen rechts

75 Millionen Mark stellt die Regierung für Initiativen gegen rechts zur Verfügung. Sie will neue Konzepte fördern

von ANNETTE ROGALLA

Mit einer neuen Strategie will die Bundesregierung versuchen, gegen Ausländerfeindlichkeit vorzugehen: Nicht mehr die Rechten sollen „bekehrt“, sondern das Nichtrechte gefördert werden. Der neue Ansatz sei notwendig, nachdem das Konzept der „akzeptierenden Jugendarbeit“ gescheitert ist, heißt es aus dem Bundesjugendministerium.

Im Osten hatten in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen schlecht oder gar nicht ausgebildete Sozialarbeiter jahrelang versucht, den Rechten beizukommen. Zwischen 1992 und 1996 ließ sich die Regierung das Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt (AgAG) 90 Millionen Mark kosten. Erreicht wurde kaum etwas. Im Gegenteil. Rechte Gruppierungen nutzten viele der 124 Projekte, Jugendklubs und Freizeittreffs geradezu als Basislager. In Leipzig etwa okkupierten Rechte das „Kirschberghaus“, in Potsdam probte die rechtsextreme Skinhead-Band „Proissenheads“ im „Club 18“, die Berliner „Wurzel“ entwickelte sich zeitweise zu einem überregionalen Treffpunkt der Neonaziszene. Vielerorts wurde die pädagogische Maxime der „akzeptierenden Jugendarbeit“ so verstanden: Die Skins werden so angenommen, wie sie sich gebärden. An diesem Konzept, das einst für die Arbeit mit Drogensüchtigen entwickelt wurde, entzündete sich heftige Kritik. 1996 zog sich der Bund aus allen Vorhaben zurück; eine systematische Aufarbeitung dieser Phase der Jugenarbeit fand bislang nicht statt.

Wenn Sven-Olaf Obst, im Bundesjugendministerium zuständig für Grundsatzangelegenheiten der Kinder- und Jugendpolitik, ein Resümee des AgAG-Programms ziehen sollte, „müsste ich sagen, es hat auch etwas Positives gebracht“. Schließlich seien Politiker im Osten „sensibilisiert worden für das Thema“. Außerdem seien rechtsextrem motivierte Gewaltaten während der AgAG-Zeit zurückgegangen. „Das können wir als Effekt verbuchen“, so Obst. Beweisen lässt sich ein Zusammenhang nicht. In einigen Gemeinden finanzieren Lokalpolitiker die „Glatzenpflege auf Staatskosten“ weiterhin.

Im Ministerium ist inzwischen eine andere Erkenntnis gereift: Die „unterstützende“ Jugendarbeit soll gefördert werden, erklärt die parlamentarische Staatssekretärin Edith Niehuis (SPD). Die Regierung will sich nicht mehr randalierenden Rassisten zuwenden, sondern dem zweifelnden Umfeld. Jenen, die etwas gegen Rechtsradikalismus unternehmen, soll geholfen werden. „Wir wollen langfristig ein Bollwerk gegen den Rechtsradikalismus aufbauen“, verspricht Niehuis.

Das ist der Bundesregierung insgesamt 75 Millionen wert, gezahlt in Jahresraten zu 25 Millionen Mark. Das Geld stammt aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF). Wenn möglich sollen etablierten Vereine und Verbände nicht davon profitieren. Niehuis will das Geld lokalen Initiativen zukommen lassen, sofern sie eine Kofinanzierung des Bundeslandes oder ihrer Kommune finden.

Fast alles, was sich unter der offiziellen Überschrift „Arbeit und Qualifizierung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ fassen lässt, scheint förderungswürdig. Mit Zuwendung dürfen Betriebe rechnen, die ein Austauschprogramm für Auszubildende auflegen ebenso wie Initiativen, die ein „Beratungs- und Betreuungsnetz zum Abbau von Fremdenfeindlichkeit“ knüpfen. Niehuis spricht von einer „anregenden Funktion des Geldes“ für Menschen die „gegen rechts arbeiten“.