Tabelle ausschneiden und rahmen

■ Der FC St. Pauli ist der erste Spitzenreiter (!!!!) der neuen Saison in der 2. Fußball-Bundesliga

Zlatan Bajramovic war am Sonnabend der erste am Frühstückstisch: Um fünf Uhr in der Früh hatte es sich mit dem Schlafen. Eigentlich war es nur ein normales Auswärtsspiel, zugegeben, das erste in der neuen Saison. Und eigentlich war es auch nur sein Geburtstag, zugegeben, kein Tag wie jeder andere. Aber die Geschichte des Tages war bereits geschrieben, bevor sie richtig begonnen hatte.

„Als ich aufgestanden bin, da wusste ich, wenn ich rein komme ins Spiel, dann passiert was.“ Und nicht nur Zlatan Bajramovic, seit Sonnabend 21 Jahre alt, war sich sicher, über den Verlauf des Bevorstehenden Bescheid zu wissen. Trainer Dietmar Demuth erkannte hellseherische Fähigkeiten seiner Spieler: Er bestätigte, mitverfolgt zu haben, wie sie Tags zuvor klar gemacht hätten, dass an einem Geburtstag ein Tor falle.

So war es denn auch die Aufgabe des in der 80. Minute eingewechselten Bajramovic, vier Minuten später das 4:3 zu erzielen und somit dem 6:3-Sieg den Weg zu weisen. Vorausgegangen war ein ständig sich verlagerndes Spiel zweier Mannschaften, die sich in der Nachmittagshitze abwechselnd eine Auszeit gönnten. Ivan Klasnic eröffnete den Torsegen, nachdem sich für den in den Ahlener Fünfmeter-Raum einfliegenden Ball niemand zu interessieren schien. Nach jeweils einem Elfmeter für die Hausherren und die Hamburger Gäste (1:1 Karp, 28. und 2:1 erneut Klasnic, 38.), die beide in die Kategorie „übergenaue Regelauslegung“ fallen, besorgte Markus Feinbier noch den Ausgleich kurz vor und Guiseppe Canale durch einen Sololauf die Führung für Ahlen kurz nach der Pause.

Eine Niederlage beim Aufsteiger, der vor zehn Jahren noch in der Bezirksliga spielte, damals, als St. Pauli in der 1. Bundesliga weilte? Doch wohlwissend, wie die Geschichte vorbestimmt, waren zuerst Wehlage und Rahn am Zuge, dem Spiel den Ausgleich zu bescheren, indem sie das kuriose 3:3 vorbereiteten, bevor dann das Geburtstagskind seines Amtes waltete. Das 5:3 von Trulsen auf Pass von, natürlich, Bajramovic und ein Eigentor zum 6:3 (6:3!!!! St. Pauli!!!) täuschten etwas über den Spielverlauf hinweg.

„Wenn wir jedesmal sechs schießen, dann kann ich auch fünf hinten rein kriegen“, stellt Verteidiger Holger Stanislawski eine einfache Regel auf. Tatsächlich war es trotz des Sieges so, dass die Abwehr große Probleme hatte. Die Abseitsfalle überzeugte zu keiner Zeit. Oft waren die Zuordnungen mangelhaft, wie beim 2:2, bei dem fünf Hamburger drei Ahlener begleiteten und doch mittig einer frei stand.

Doch da ist ja der 6-Tore-Sturm (sechs!!!! St. Pauli!!!!), von denen zwei allerdings ein Abwehrspieler (2mal Trulsen!!!) fabrizierte. Die Harmonie zwischen Ivan Klasnic und Marcel Rath scheint zu stimmen. Allein, was wird aus Pauli, wenn nun der umworbene Klasnic nicht mehr zur Verfügung steht, weil er beispielsweise an der Weser fortan sein Geld verdient? Sturmkollege Rath: „Ich gehe davon aus, dass Ivan bis zum Winter bei uns bleibt.“

Sei es, wie es sei. In der Mannschaft steckt, wie schon im Mai beim 3:6 gegen Köln gesehen, Potenzial, die Zusammenstellung des neuen Kaders in der Sommerpause scheint zu stimmen. Ob es allerdings zu mehr reicht als in der letzten Saison, wie es die Frage eines 12-jährigen Ahlener Fans suggeriert (“Steigt ihr jetzt auf?“), wird wohl davon abhängen, wieviele Spiel- gleichzeitig Geburtstage der Paulianer sind. Florian Bauer

St. Pauli: Weber, Stanislawski, Scheinhardt, Basic, Trulsen, Lotter, (66. Rahn), Bürger, Meggle, Mansourian (66. Wehlage), Rath (80. Bajramovic), Klasnic. Tore: 0:1 Klasnic (11.), 1:1 Karp (28. Elfmeter), 1:2 Klasnic (38. Elfmeter), 2:2 Feinbier (44.), 3:2 Canale (46.), 3:3 Trulsen (68.), 3:4 Bajramovic (84.), 3:5 Trulsen (88.), 3:6 Krohm (90. Eigentor).