Der durch und durch gläserne Kunde

■ Bestellungen bei Quelle lassen Computer der Auskunfteien rattern: Sie vermitteln Infos, ob der Kunde auch bezahlen kann

Eine kleine förmliche Notiz fand Jörg K. Anfang März im Briefkasten. Doch die Mitteilung der so genannten InfoScore Gruppe ließ Böses Ahnen: „Nach Paragraph 33 des Bundesdatenschutzgesetzes setzen wir Sie hiermit in Kenntnis, dass wir zu Ihrer Person Daten gespeichert und diese erstmals übermittelt haben.“ Keine Unterschrift, keine Telefonnummer. „Mit freundlichen Grüßen: InfoScore Consumer Data GmbH“. Jörg K. musste schlucken.

Auskünfte, erklärte InfoScore in der Mitteilung gleich vorsorglich, würden keinesfalls am Telefon erteilt – nur schriftlich nach vollständiger Nennung des Namens, der Geburtsdaten sowie Adresse inklusive Voranschriften. Schluckschluckschluck. „Jetzt muss ich auch noch das Porto hinlegen, um zu wissen, was das soll“, ärgert sich Jörg K. Die Antwort aus dem Hause InfoScore in Baden-Baden ist eindeutig: Sämtliche Finanztransaktionen des Adressaten wurden gerade an eine Firma weitergeleitet. Telefonfirmen, Versandhandel, Versicherungen, Handwerksbetriebe zum Beispiel, die prüfen wollten, inwieweit Jörg K. das Bestellte auch wirklich bezahlen könne.

Der Bremer Schuldner ist kein Einzelfall: Derlei Formschreiben verschickt InfoScore täglich zu Tausenden. „Immerhin sind 2,5 bis drei Millionen Menschen verschuldet“, erklärt die Auskunftei. Beim Konkurrenten der Schufa gehen jährlich 32 Millionen Anfragen zur Zahlungsmoral ein – Tendenz deutlich steigend. 6,8 Millionen Informationen über Privatpersonen hat InfoScore gespeichert. „Risikokunden werdend da früh erkannt.“ Die Folge: Die Lieferung beim Versandhandel kommt nur noch gegen Nachnahme, der Küchenhersteller könnte die Bestellung vielleicht ganz stornieren.

„Jeder Versandhandel überprüft heute die Bonität der Kunden. Selbst der Handwerker informiert sich vorher, wenn er schon mal reingefallen ist“, erklärt dazu Bremens Datenschützer Sven Holst. InfoScore bearbeitet die Anfragen per Telefon oder Fax. Der Datenabgleich mit Quelle und Telekom dagegen funktioniert routinemäßig: „Große Unternehmen schicken uns zum automatischen Abgleich nur noch Computerdateien“, erklärt Volker Trüb von InfoScore. Zwischen 1,50 Mark und 3,20 kostet die Auskunft pro Adresse. Die Daten stammen allesamt aus den Schuldnerverzeichnissen, erklärt InfoScore.

Der Internetauftritt von InfoScore lässt Schuldner allerdings schlottern: „Ihr Schlüssel zum zahlenden Kunden“, preist das Unternehmen seine Leistung an. Denn neben Auskünften fungiert InfoScore gleichzeitig auch als Geldeintreiber, als Inkassobüro. Rechtlich zwei ganz getrennte Partien. Der zuständige Datenschutz in Baden-Württemberg hat daran nichts zu monieren: „Keine unzulässige Verquickung, das entspricht dem Datenschutzgesetz“, erklärt ein Mitarbeiter auf Anfrage. Dennoch: Jörg K. ist nicht ganz wohl dabei. „Mein Gläubiger kennt ja die kompletten Schufa-Daten und kann sie an die Inkasso-Abteilung übermittelt haben.“ Dann wüsste vermutlich auch die Abteilung Auskunftei mehr. InfoScore bestätigt, dass „Daten der Inkasso-Abteilung“ in die Auskunftei fließen.

Tatsächlich werden die Auskunfteien regelmäßig vom Datenschutz kontrolliert. Die Speicherung der Daten ist allerdings völlig legal, meint Bremens Datenschützer Sven Holst: „Das hat der Gesetzgeber für uns beantwortet.“ Aus volkswirtschaftlicher Sicht wurde die Datenspeicherung und Übermittlung zugelassen. Holst und Kollegen haben nur die Einhaltung der Regularien zu kontrollieren. Zum Beispiel, inwieweit ein Unternehmen berechtigt ist, Auskünfte zu erhalten. „Dafür muss es ein begründetes Interesse geben.“ Aber erst wenn Fehler passiert sind, kann der Datenschutz wirklich erst einschreiten.

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