Soldatenmärchen im Morgenland

Kein Blut für Gold: „Three Kings“ nutzt den Golfkrieg gegen den Irak als Vorlage zur Groteske. Leider hat sich Regisseur David O. Russell mit seinem Film gegen die böse Satire auf den realen Kriegsverlauf und für das brave Abenteuer entschieden ■ Von Brigitte Werneburg

Auch wenn der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, George Bush, erst einer irakischen Zivilbevölkerung im Golfkrieg signalisierte, ihren Aufstand gegen Saddam Hussein zu unterstützen, nur um sie dann hängen zu lassen: wenigstens vier Soldaten aus Hollywood, George Clooney, Mark Wahlberg, Ice Cube und Spike Jonze haben den Kampf gefochten, den die US-Army nicht führte. Denn sie gaben Gold für das Leben der Aufständischen und riskierten ihr Leben für die gerechte Sache.

Selbstverständlich war dies nicht ihre Absicht. Wahre GIs, die sie sind, hatten sie zunächst einmal ganz andere Pläne. Aber wahre GIs, die sie sind, haben sie zum rechten Zeitpunkt verstanden, dass eine Entscheidung fällig ist. Dass ethisches Verhalten gefragt ist und jeder Egoismus zurückstehen muss. Amerikanische Soldaten, sofern sie aus Hollywood kommen, treffen da immer die richtige Entscheidung – auch in einer schwarzen Komödie, wie sie David O. Russels „Three Kings“ sein will –, und dem Zuschauer ist es eine Lust, dabei zuzuschauen. Leider nur bis zu dem Moment, an dem sich die Soldaten in humanitäre Helfer verwandeln.

Von diesem Augenblick an ist Russels Versuch eines kritischen Golfkrieg-Blicks gescheitert. Die erneut aufgebrochene Wunde des amerikanischen Imperiums, also die Fragwürdigkeit ihrer Kriegsführung, die sich hier in der zwangsläufigen, bösartigen Kollaboration von amerikanischen und irakischen Soldaten nach dem Waffenstillstand mit (Hitler) Hussein zeigt, wird sofort wieder in Watte gepackt. Gegen den sentimentalen Fortgang des Märchens von den drei Königen im Morgenland, die sich ehrenhafterweise beginnen für die Aufständischen zu engagieren, helfen auch all die bizarren Szenen und Bilder nicht, die etwas von der Grausamkeit, Absurdität und Korruptheit des Golfkrieges in die Saga von den guten Soldaten hinüberretten wollen: David O. Russel „Three Kings“ nervt zunehmend. Am Ende ist man froh, das Epos endlich hinter sich gebracht zu haben.

Dabei fängt es erst einmal verheißungsvoll an. „Schießen wir?“, ist der erste Satz, der das Bild einer schrecklichen leeren Wüstenlandschaft begleitet, in der ein einsamer Iraki die weiße Fahne schwenkt. Troy Barlow (Mark Wahlberg) schießt mal vorsichtshalber. Und wird in einem denkwürdigen Schnappschuss als Held eines Krieges festgehalten, in dem Soldaten nie „drin“ waren, nie zum Einsatz kamen. Es ist die Kamera, die bei Russel den Ton angibt; eine gute Kamera, die vielleicht ein bisschen arg hochgestylt ist, vielleicht etwas zu viel Musikvideo in sich hat, aber sie weiß die zunächst beabsichtigten zynischen Akzente zu setzen. Rasant begleitet sie auch den Raubzug nach dem kuweitischen Gold, zu dem Capt. Archie Gates (Clooney), Sgt. Troy Barlow, Staff Sgt. Chief Elgin (Ice Cube) und der Gemeine Conrad Vig („Being John Malkovich“-Regisseur Spike Jonze) aufbrechen. Saddams Männer haben es in einem nahe gelegenen Wüstendorf gebunkert. Es zu holen soll ein Morgenspaziergang werden. Denn wenn die Amerikaner die Garden Husseins beim Abschlachten der Zivilbevölkerung nicht stören, bemerken die wiederum die Amerikaner nicht – selbst wenn die das kuweitische Gold abschleppen.

So weit, so gut, so viel Reprise von „Catch 22“, „MASH“ und dem Zynismus der Etappe. Nur dann, wenn die glücklicherweise ebenfalls aus Kuweit verbrachten, sich außerordentlich stabil erweisenden Louis-Vuitton-Täschchen mit den Barren gefüllt sind, beginnt leider das menschliche Drama. Die Satire ist beendet, und der Kriegsfilm wird zum politisch korrekten Abenteuerfilm. Hinsichtlich Russels Ambitionen, die in superben Details, fantastischen Szenen und nicht zuletzt in den fair gezeichneten Arabern deutlich werden, ist dieser Fortgang eine Enttäuschung. Statt Altman, Coppola oder Stone gibt’s dann doch nur wieder Steven Spielberg und Indiana Jones.

Regie: David O. Russell. Mit George Clooney, Mark Wahlberg, Ice Cube. USA, 112 Min. Heute, 22 Uhr, Berlinale Palast am Potsdamer Platz. 11. 2., 18.30 Uhr, Royal Palast, und 22.30 Uhr im International