Das sitzt Helmut Kohl auch noch aus

■ Dem ehemaligen Kanzler droht Beugehaft, wenn er im Untersuchungsausschuss nicht die Namen seiner Spender nennt. Leuna-Akten sind aus dem Bundeskanzleramt verschwunden. Ließ die CDU sie mitgehen?

Berlin (taz) – Ein Blackout darf nicht wieder vorkommen. Auf keinen Fall dürfe es wieder passieren, dass Helmut Kohl vor dem Untersuchungsausschuss stehe und sich an nichts erinnern könne, sagte Frank Hofmann, SPD-Obmann im Untersuchungsausschuss „Parteispenden“ zur taz. Deshalb müsse Kohl „als letztes Mittel“ mit einem Ordnungsgeld oder Beugehaft rechnen, sollte er weiterhin die Spendernamen verschweigen. Viel lieber sähe es der Sozialdemokrat jedoch, wenn sich die Spender selbst offenbaren würden.

„Schäbig und primitiv“ nannte CDU-Sprecher Andreas Schmidt die Drohung mit der Beugehaft. Der SPD gehe es nur um Diffamierung. Kohl sei „noch nicht einmal als Zeuge benannt worden“, so Schmidt.

Unterdessen verdichten sich Hinweise auf Subventionsbetrug und Schmiergeldzahlungen an Mitglieder der Kohl-Regierung im Zusammenhang mit dem Verkauf der ostdeutschen Ölraffinerie Leuna. Nach der Schweizer Justiz hat jetzt auch die Staatsanwaltschaft Augsburg Ermittlungen in dem Fall aufgenommen.

Auch der ehemalige Kanzleramtschef Friedrich Bohl steht unter einem bösen Verdacht. Während seiner Amtszeit sind brisante Unterlagen aus seiner Behörde verschwunden. Frank Hofmann (SPD) geht davon aus, dass Bohl die politische Verantwortung dafür trägt. Möglicherweise habe er oder einer seiner Untergebenen Material verschwinden lassen, das die Bestechlichkeit der damaligen Regierung beweisen würde. Nach der Bundestagswahl hätten Mitarbeiter des Kanzleramts „massenhaft Akten und Festplatten vernichtet“, sagte der SPD-Abgeordnete Friedhelm Julius Beucher. Möglicherweise seien auch die fehlenden Leuna-Unterlagen darunter gewesen. Christian Ströbele, Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss, erinnerte daran, „dass bei der französischen Justiz, die sich mit dem Fall Elf Aquitaine befasste, eingebrochen worden ist und Akten gestohlen wurden“. Er könne sich durchaus vorstellen, dass so etwas auch in Deutschland geschehe, sagte der Jurist zur taz.

Inzwischen gibt es Hinweise, dass beim Neubau der Leuna-Raffinerie und der Privatisierung des DDR-Tankstellennetzes Minol auch Mitarbeiter im Umfeld der Treuhandanstalt bestochen wurden. Mit der Bestechung seien manipulierte Investitionspläne gedeckt worden. Sie führten zu Subventionen von 1,4 Milliarden Mark für den Raffinerie-Neubau. Tina Stadlmayer

Tagesthema Seite 3