Interessante Neuigkeiten aus Nicaragua

■ Na sowas: Da gibt es einen einzigen nichtkorrupten Politiker in Nicaragua. Aber der Präsident lobt ihn nicht – er sperrt ihn ein

San Salvador (taz-light) – Es gibt noch aufrechte Politiker, selbst in Nicaragua. Einer davon sorgt gerade wieder für großes Aufsehen in Mittelamerika: Augustin Jarquin, der Präsident des nicarguanischen Rechnungshofs, ist Mittwochabend in seinem Amtssitz verhaftet worden. Zahlreiche Demonstranten hatten keine große Freude an der Polizeiaktion. Beim anschließenden Protestmarsch ging so manches zu Bruch. Bis Donnerstag früh dann hatte die Regierung Einheiten der Antiaufstandspolizei an allen strategischen Punkten Managuas postiert, um Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen.

Diesmal handelt es sich nicht um die in Nicaragua schon übliche Kraftprobe zwischen sandinistischen Massen und der rechten Regierung von Arnoldo Aleman. Die Demonstranten gehörten weder zum einen noch zum anderen Lager. Denn nicht nur der Präsident reibt sich die Hände, dass mit Jarquin sein profiliertester Kritiker hinter Gittern verschwindet. Auch FSLN-Generalsekretär Daniel Ortega, der sich bislang zum neuesten Politskandal nicht geäußert hat, dürfte klammheimliche Freude empfinden.

Jarquin nämlich ist eine Ausnahme unter den Politikern Nicaraguas: Es heißt, er sei nicht korrupt. Seit Monaten schneidet der 47-jährige Christdemokrat deshalb bei Umfragen als beliebteste Figur des Landes ab und gilt als möglicher starker Kandidat für die Präsidentschaftswahl im Jahr 2001. Er ist also eine Gefahr für Ortega, der nach zwei verlorenen Wahlen einen dritten Anlauf aufs höchste Staatsamt nehmen will.

Präsident Aleman wiederum hatte sich mächtig darüber geärgert, dass der Chef des Rechnungshofes seinen Job ernst nahm. Seit er 1996 ins Amt kam, hatte er 140 Millionen Dollar ausgemacht, die von der Regierung in undurchsichtige Kanäle geschleust worden waren. Anfang dieses Jahres hat er herausgefunden, dass Alemans Privatvermögen, seit dieser 1990 Bürgermeister von Managua geworden war, um unerklärliche 900 Prozent gewachsen ist. Im März schließlich wies Jarquin dem Präsidenten Insider-Geschäfte nach.

Aleman hatte selbst und über Strohmänner im verträumten Fischerdorf San Juan del Sur hunderte Hektar Land für einen Spottpreis aufgekauft. Die Verkäufer konnten nicht wissen, was Aleman wusste: Die Regierung plant dort ein riesiges Tourismusprojekt. Die Bodenpreise werden explodieren. Aleman platzte der Kragen. Er klagte gegen den Rechnungshofchef. Als Vorwand diente ihm ein Beratervertrag, den Jarquin mit einem bekannten Fernsehmoderator abgeschlossen hatte. Dieser war jedoch mit einem falschen Namen aufgetreten. Ein ehemaliger Assistent Jarquins schob Aleman die nötigen Unterlagen zu. Der Fall landete zuerst in den Händen des Richters Julio César Areas. Der sagt heute, Abgesandte Alemans hätten versucht, ihn zu bestechen, weshalb er die Akten an die Richterin Vanessa Chévez weitergereicht habe.

Die verurteilte Jarquin nun wegen „Betrugs zu Lasten des Staates“. Nicaraguanische Anwälte schätzen, dass er drei Jahre hinter „schwedischen Gardinen“ verbringen muss. Wird das Urteil rechtskräftig, darf er im Jahr 2001 nicht kandidieren. Und das wäre doch schade. Toni Keppeler