■ Kommentar
: Selbstkritik!  Die Grünen haben nicht viel Zeit, ihr Image zu verbessern

Der Länderrat von Bündnis 90/Die Grünen ist nicht die grüne Basis. Deshalb bedeutet es für den kommenden Parteitag nicht viel, dass sich die Ländervertreter der Partei gestern „gegen die kategorische Trennung“ von Amt und Mandat ausgesprochen haben. Die grüne Basis fürchtet weiterhin nichts mehr als die Ämterhäufung. Darum könnte die gleiche Abstimmung auf dem ordentlichen Parteitag ganz anders ausgehen.

Am wahrscheinlichsten ist, dass sich der Parteitag der Grünen im Frühjahr auf einen Kompromiss einigt. Die Trennung wird nur für die Hälfte der Bundesvorstandsmitglieder aufgehoben. Oder: nur für die Ämter der beiden Vorsitzenden. Mit beiden Lösungen könnten die Grünen gut leben. Denn: Die Wahl „der Besten“ an die Spitze der Partei darf nicht an der kategorischen Trennung von Amt und Mandat scheitern.

Die Bündnisgrünen haben eine professionellere Parteispitze dringend nötig. Dies wurde bisher noch nach jeder verlorenen Landtagswahl deutlicher. Das floskelhafte Schönreden der Niederlagen klingelt uns noch in den Ohren. Doch die Außendarstellung ist das eine. Das andere ist die Politik der Partei und ihre Performance in der Bundesregierung. Das gebetsmühlenartige Herunterbeten der Erfolge rot-grüner Regierungspolitik, wie es Rezzo Schlauch auch am Wochenende wieder praktizierte, hilft da nicht weiter. Selbstkritik ist durchaus angebracht.

Beim Sparpaket etwa hat die grüne Fraktion – und die Linken in der SPD-Fraktion – versäumt, rechtzeitig Korrekturen durchzusetzen. Eine andere Verteilung der Sparsumme von 30 Milliarden wäre durchaus denkbar gewesen. Zum Beispiel: weniger sparen im Arbeits- und Sozialressort und dafür mehr beim Etat des Innenministers. Das haben Grüne und SPD verbaselt – die Quittung der WählerInnen kam prompt.

Für die kommenden Monate hat sich die grüne Fraktion einiges vorgenommen: Grundsicherung, Erbschaftssteuer, Asylrecht, zweite Stufe der Ökosteuer. Wenn sie diese Projekte mutig angeht, dann könnte die Fraktion den Eindruck von der sozialen Schieflage korrigieren. Viel Zeit haben die Grünen nicht. Es sind nur noch wenige Monate bis zu den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Da geht es dann ans Eingemachte. Tina Stadlmayer

Schwerpunkt Seite 2