■ CDU/CSU bietet mit ihren Steuervorschlägen kaum Neues
: Sparen ist kein Konzept

Wie bitte? Die CSU entdeckt Keynes und die nachfrageorientierte Staatsverschuldung. Lafontaine ist damit bei Löhnen und Zinsen gescheitert, die Union versucht nun Ähnliches bei Steuern und höherer Kreditaufnahme. Das überrascht. Sonst jedoch bietet das „Sparpaket“ der Union nicht viel Neues. Statt 30 Milliarden wie Rot-Grün will die Union 50 Milliarden sparen. Der Spitzensteuersatz soll von jetzt 52 Prozent in zwei Schritten bis 2003 auf 35 Prozent gesenkt werden und der Eingangssteuersatz von 23 auf 19 Prozent. Dieses Wirtschaftswunderrezept soll endlich Wachstum bringen.

Der Vorwurf von links lässt dann auch nicht lange auf sich warten: „Eine Umverteilung von unten nach oben“, „Steuerdumping für die Reichen“! Übersehen wird dabei: Das Steueraufkommen des Bundes hat mit den Steuersätzen nur indirekt zu tun. Im Gegenteil: Es gibt Einkommensmillionäre, die trotz 52 Prozent Spitzensteuersatz kaum Steuern zahlen. Das komplizierte deutsche Steuerrecht macht es möglich. Der Bundeshaushalt verteilt inzwischen mehr Geld über Subventionen und Steuerabschreibungen als über Sozialleistungen. An Stelle einer Umverteilung von unten nach oben findet eine Umverteilung von den nicht ganz Armen zu den nicht ganz Reichen statt. Die wirklich Reichen zahlen dank Abschreibungen ebenso wenig Steuern wie die ganz Armen. Der bundesdeutsche Sozial- und Steuerstaat funktioniert nur beim Mittelstand.

Unbestritten ist das Signal, das von einer radikalen Steuerentlastung ausgeht: Der Staat verzichtet auf Einnahmen, damit die Bürger im Lande wieder konsumieren und investieren können. Aber Unternehmen und Bürger verhalten sich nur dann rational, wenn Richtung und Ziel des Sparens insgesamt stimmen und Erfolg versprechen. Wenn die Rente ebenso unsicher ist wie die Vollbeschäftigung und die Reform des Wohlfahrtsstaats, wird weder konsumiert noch investiert.

Die Sparpakete von Rot-Grün und Union haben wie ihre Vorgängermodelle die Reform des Gesamtsystems völlig aus dem Blick verloren. Soziales Steuern und ökonomisches Sparen wäre ein neues Motto für eine wirkliche Reform. Statt etwa die Sozialversicherung über Beiträge zu finanzieren, sollte sie aus Einnahmen von Konsum- und Energiesteuern getragen werden: Das wäre ein neues Fundament des Generationenvertrages. Sparen allein sei kein Konzept, so Stoiber. Wie wahr. Daniel Dettling

Der Autor ist freier Journalist in Potsdam