Ist Schröders „bester Mann“ erledigt?

Der Kanzler hat seinen ehemaligen Liebling Bodo Hombach gerade noch rechtzeitig nach Brüssel abgeschoben. Doch dessen neuer EU-Job ist noch nicht gefährdet  ■   Von Daniela Weingärtner und Robin Alexander

In der Politik ist der Zeitpunkt einer Entscheidung manchmal wichtiger als die Entscheidung selbst. Gerhard Schröder hat dieses wichtige Gespür für Timing. Sein ehemalige Chef des Kanzleramtes, Bodo Hombach, schleppt mittlerweile eine zweite Affäre mit sich herum: Er soll Geschäftsbeziehungen zu einem Werber unterhalten, an den er in den 80er Jahren Millionenaufträge von der SPD vergab. Als Balkanbeauftragter der EU ist Hombach aber weit genug vom Berliner Regierungsviertel entfernt. Der Fall seines „besten Mannes“ (Schröder über Hombach) könnte den Kanzler heute kaum beschädigen.

Bodo Hombach stand schon vor seinem Aufstieg ins Kanzleramt unter Korruptionsverdacht. Beim Bau seiner Villa in Mülheim an der Ruhr habe der Veba-Konzern unentgeltliche Leistungen erbracht, lautete ein alter Vorwurf, der seit Hombachs Wechsel in die Bundesregierung immer lauter erhoben wurde. Versuche der CDU, eine Debatte im Bundestag über Hombach zu starten, scheiterten jedoch. Als Schröder Ende Juni Hombach für den neu geschaffenen Posten eines EU-Beauftragten für den Balkan vorschlug, schoben Beobachter dies eher auf die schwache Vorstellung von Hombach als Kanzleramtschef, nicht auf die Hausbauaffäre.

Diese spitzte sich aber zu. Vor wenigen Tagen verurteilte das Bochumer Landgericht den ehemaligen Veba-Bauleiter Hans Hebers wegen Meineids. Hebers hatte zugeben müssen, doch von sechsstelligen Summen zu wissen, die in Mülheim verbaut, aber Hombach nicht in Rechnung gestellt wurden. Dass er vor Gericht nicht seine Sicht der Dinge darlegen durfte, machte Hombach böse.

Sein Zorn dürfte mittlerweile in Entsetzen umgeschlagen sein. Die neuen Vorwürfe des Stern stammen wiederum aus Hombachs Zeit als Geschäftsführer der NRW-SPD. 1985 soll Hombach ein Grundstück in Kanada gemeinsam mit Harry Walter gekauft haben. Walter, der Werbeprofi, durfte im Wahlkampf für Johannes Rau 17,5 Millionen Mark ausgeben. Den Auftrag erhielt er von Hombach. Heute noch soll Hombachs Mutter, 69, gemeinsam mit der Freundin Walters als Strohfrau an einem Grundstück in Kanada beteiligt sein.

Diese Zusammenarbeit Hombachs und Walters sei „kritisch zu beurteilen“, kommentierte Franz Müntefering, SPD-Landesvorsitzender von NRW. So deutlich hat sich noch kein führender Sozialdemokrat über den Genossen Hombach geäußert. Die NRW-SPD prüft jetzt die neuen Vorwürfe gegen ihren ehemaligen Shootingstar: Müntefering hat die Kontrollkommission der Partei und einen neutralen Wirtschaftsprüfer beauftragt.

In Brüssel hingegen gibt es den „Fall Hombach“ noch gar nicht. Die Reaktionen der Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, die für die Kontrolle des Kosovobeauftragten zuständig sind, fallen sommerlich mild aus. Der Konservative Elmar Brok sieht zwar Handlungsbedarf, derzeit aber noch im Konjunktiv: „Ich würde fordern, dass die zuständigen Behörden EU-Parlament und Kommission Akteneinsicht gewähren müssen.“

Hombachs Parteifreund, der EU-Abgeordnete Klaus Hänsch, reagiert gelassen: „Die Forderung nach Akteneinsicht hat wohl keine rechtliche Basis. Dann müsste ein Untersuchungsausschuss eingerichtet werden. Dafür sehe ich derzeit keine Grundlage.“ Allerdings werde Hombach im Herbst ohnehin vor dem Auswärtigen Ausschuss erscheinen. Dort werden die EU-Beauftragten regelmäßig eingeladen. Nach der Befragung der neuen Kommissare Patten und Verheugen stehen die Namen Solana und Hombach auf der Gästeliste. „Man muss davon ausgehen, dass sich die Ausschussmitglieder auch mit den derzeitigen Vorwürfen befassen werden.“

Sollte im Oktober der Auswärtige Ausschuss des EU-Parlaments tatsächlich zu der Überzeugung gelangen, dass Bodo Hombach als EU-Sonderbeauftragter nicht mehr tragbar ist, eröffnet die Ernennungsvereinbarung des Rates einen Ausweg, der alle Beteiligten das Gesicht wahren lässt. In Artikel fünf heißt es: „Diese gemeinsame Aktion gilt bis zum 31. Dezember 1999, sofern sie nicht vorbehaltlich einer Überprüfung unter Einbeziehung der administrativen und finanziellen Aspekte erneuert wird.“ Hombachs Mandat könnte zum Jahresende sang- und klanglos auslaufen.

Schröder kann das alles relativ kalt lassen. Zwar wird vom Kanzler kolportiert er stehe zu Hombach. Die Zuständigkeit für die europäische Debatte um das Schröder/Blair-Papier, an dessen Entstehung Hombach wesentlich beteiligt war, soll ihm jedoch entzogen werden.