Üben wie bescheuert

■ Das Internet macht's möglich: Die Bremer Prügelmetaller „Mörser“ reisen für eine zweiwöchige Tournee in die USA

Wie gut, daß es Briefreundschaften gibt. Wenn sich nicht der Schlagzeuger von Bremens brachialster Gitarrenband „Mörser“ schon lange mit einem amerikanischen Kumpel geschrieben hätte, der über drei Ecken den umtriebigen Scottie von der Detroiter Metal-Band Inept kannte, wäre eben dieser Scottie vermutlich nie auf die Idee gekommen, an die Mörser eine E-Mail mit einer Einladung zu schicken. Am 27. Juni steigt nämlich in Columbus, Ohio das „More Than Music“-Festival, ein Stelldichein der amerikanischen Alternativszene. Die Mörser, mailte Scottie, sollten doch einfach mal vorbei schauen und dort rocken.

„In den Staaten zu spielen ist natürlich das Ziel von jedem, der Gitarrenmusik macht,“ sagt Matze Trenne, einer der beiden Mörser-Bassisten. „Aber das war doch etwas viel Aufwand, für ein Konzert rüber zu fliegen.“ Weil Scottie aber für seine eigene Band schon fünf US-Touren in Eigenregie auf die Beine gestellt hatte, konnte der Gönner der Bremer bei seinem Angebot noch nachbessern: Nach ihrem Abflug am Samstag werden Matze und Co. nun innerhalb von zwei Wochen bei elf Konzerten ihren strukturierten Lärm entfachen.

„Da sind gute Dinger dabei,“ freut sich Matze. Zwei Konzerte mit Converge zum Beispiel, einer Metal-Band, die Matze selber gerne hört und die einige hundert Leute ziehen dürfte. „Und wir spielen in Chicago in der Fireside-Bowl, wo auch schon Entombed gespielt haben“, sagt er. Die schwedischen Hardcore-Metaller gehören ebenfalls zu den Favoriten der Mörser.

Und dann ist da noch Scotties Auftaktgig beim „More than Music“-Festival. Dazu werden fast 2.000 Zuschauer erwartet. Kein Wunder, daß die Mörser derzeit wenig vom Sommer haben. „Die Veranstalter haben uns gesagt, daß wir schon mal üben sollen, weil viele große Konzerte dabei sind. Wir haben ja nie viel live gespielt, schon gar nicht vor so vielen Leuten. Also üben wir das Programm wie bescheuert,“ sagt Matze.

Daß die Bremer aber in den USA mit ihrem Sound gut ankommen werden, davon ist er überzeugt. Das für den Februar dieses Jahres angekündigte neue Mörser-Album läßt zwar noch immer auf sich warten. „Wir sind halt alle ein bißchen faul,“ erklärt Matze. Aber das Mörser-Debütalbum „Two Hours of Doom“ aus dem Jahre 1997 hat, so Matze, noch heute in den USA viele Fans. Die Band erforscht auf der Platte den bislang menschenleeren Raum zwischen Metal, Industrial, freier Improviation und Lärm – ein Stück musikalische Kompromißlosigkeit, der die Band sogar eine in den USA erstellte Fan-Homepage im Internet verdankt.

Bleibt nur zu hoffen, daß die Gagen auch den Erwartungen der Mörser entsprechen. „Abgesprochen ist nichts, wir zahlen erstmal alles selber,“ sagt Matze.

Lars Reppesgaard