EU leitet Verfahren gegen Belgien ein

■ Partnerländer zu spät über Dioxinhühner informiert

Wegen des Dioxinskandals geht die EU jetzt rechtlich gegen Belgien vor. EU-Agrarkommissar Franz Fischler, der schon für die vergangene Woch rechtliche Schritte angekündigt hatte, leitete gestern nun tatsächlich ein „Verstoßverfahren“ ein. In einem Brief wirft die Kommission der belgischen Regierung vor, die EU-Partner nicht sofort vor den verseuchten Lebensmitteln gewarnt zu haben. Auch seien die Maßnahmen zum Verbraucherschutz unzureichend gewesen.

Bereits im Januar waren belgische Behörden auf ein Hühnersterben in einem belgischen Betrieb aufmerksam gemacht worden. Ende April lagen die Untersuchungsergebnisse vor, die die Dioxinverseuchung bestätigten. Aber erst am 27. Mai wurde die EU-Kommission informiert. Zu den Vorwürfen kann die belgische Regierung nun zunächst schriftlich Stellung nehmen. Das ganze Verfahren kann sich über Jahre hinziehen.

Immerhin hat der Skandal die Verhandlungen der EU-Landwirtschaftsminister über einheitliche Standards für ökologische Landwirtschaft beschleunigt. In der herkömmlichen Landwirtschaft allerdings scheitert eine neue Futtermittelverordnung nach wie vor am Widerstand einzelner Mitgliedsländer. Frankreich hatte bereits nach dem BSE-Skandal gefordert, Tiermehl im Futter vollständig zu verbieten. Beim G-8-Gipfel in Köln konnte sich Frankreichs Staatschef Chirac mit seiner Initiative für eine Weltbehörde zur Lebensmittelkontrolle ebenfalls nicht durchsetzen. Lediglich eine Arbeitsgruppe wurden vereinbart, die auf dem Gipfel im Jahr 2000 Berichte vorlegen soll.

Das Verfahren gegen Belgien wird bis dahin ganz sicher nicht abgeschlossen sein. Auch der Europäische Verbraucherverband will nun eine Klage gegen die belgische Regierung anstrengen. Die ist allerdings schon nicht mehr im Amt. Am 13. Juni nutzten die belgischen Wähler die Gelegenheit, mangelnden Verbraucherschutz und Schlamperei der Regierung Dehaene mit Abwahl zu quittieren. Daniela Weingärtner