Neue Fliegen auf dem Misthaufen    ■ Von Ralf Sotscheck

Ziemlich schlechtes Timing: Da verweigert die irische Regierung den jugoslawischen Fußballern das Einreisevisum, so daß das Qualifikationsspiel für die Europameisterschaft am Samstag ausfallen mußte, und plötzlich kapituliert Slobodan Miloevic. Premier Bertie Ahern, der die Visaverweigerung angeordnet hatte, möchte nun, daß so schnell wie möglich gespielt wird: „Die Regierung wird tun, was sie kann, um einen neuen Termin für das Spiel Irland gegen Jugoslawien zügig festzulegen.“ Wenn der europäische Fußballverband Uefa, aber nicht mitspielt und Irland disqualifiziert?

In Anbetracht der Tatsache, daß jugoslawische Sportmannschaften in den vergangenen Wochen in Griechenland, Italien und Frankreich spielten, war es ohnehin eine Schnapsidee, sie ausgerechnet aus dem neutralen Irland zu verbannen. Doch Irlands Neutralität soll nach dem Willen der Regierung aufgehoben werden. „Die Iren sind sehr stolz auf die Beteiligung an UN-Missionen, aber die Bevölkerung will keine Verbindung mit der Nato“, sagte Ahern zwar vorige Woche, doch das Volk hat nichts zu sagen. Im Herbst will die Regierung der Nato-„Partnership for Peace (PfP)“ beitreten, und zwar ohne Volksentscheid.

Wahrscheinlich befürchtet Ahern zu Recht, daß nach dem illegalen Nato-Angriff auf Jugoslawien, die irische Bevölkerung bockig sein und den schönen PfP-Plan zunichte machen könnte. Sicher, internationales Recht ist eine wacklige Angelegenheit, wenn es um Menschenrechte geht, aber es ist nun mal das einzige, was die Menschheit entwickelt hat, um die Beziehungen zwischen den Staaten zu regeln. Und niemand kann ernsthaft behaupten, daß irgend jemand, schon gar nicht die Kosovaren, davon profitiert hat, daß die Nato diese Regeln außer Kraft gesetzt hat. Warum sollte Irland einer solchen Organisation beitreten?

Vor drei Jahren hatte sich Ahern das auch noch gefragt. Damals tönte er: „Jeder Versuch, Partnership for Peace oder Teilnahme an der Westeuropäischen Union (WEU) vom Parlament absegnen zu lassen, ohne das Volk zu befragen, das laut Verfassung über Fragen der nationalen Politik entscheidet, wäre in unseren Augen ein schwerer Vertrauensbruch und grundlegend undemokratisch.“

Damals war Aherns Partei Fianna Fail freilich in der Opposition. Noch im Wahlprogramm 1997 hieß es, Fianna Fail sei gegen den Beitritt zu PfP oder WEU. Es bestätigt sich eben immer wieder, was mein Großvater einmal über Parlamente gesagt hat: Es sind immer dieselben Misthaufen, es sitzen nur andere Fliegen drauf.

Die irische Armeeführung macht sich vor lauter Vorfreude auf jede Menge neues Kriegsspielzeug schon ganz naß. Denn wer dem PfP beitritt, muß seine Armee auf Nato-Standard bringen. Nach den Enthüllungen über Korruption in der irischen Politik würde es niemanden wundern, wenn davon auch ein paar Regierungspolitiker finanziell profitieren würden.

Irish-Times-Kolumnist Paul Gillespie findet es dennoch o.k., daß Irland PfP und WEU beitritt. Am Samstag schrieb er: „Man muß festhalten, daß die militärischen Aufgaben auf Friedensmissionen und humanitäre Hilfe beschränkt sind. Laut EU-Vertrag und laut irischem Recht ist die Absegnung durch die UN die Voraussetzung für solche Einsätze.“ Ach?