Dioxinverdächtige Hühner und Eier sichergestellt

■ Behörden hoffen, daß jetzt keine kontaminierten Hühnerprodukte mehr in den Geschäften vorrätig sind. Fraglich ist jedoch, ob auch Mayonnaise und Nudeln verseucht sein könnten

Es gibt keine Entwarnung, aber auch keinen Grund zur Panik. „Natürlich ist das alles jenseits von Gut und Böse, aber Krebs bekommt man deshalb nicht.“ So schätzte gestern der Sprecher des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, Thomas Schlicht, die potentielle Gefahr durch den Verzehr der möglicherweise dioxinverseuchten Hühner und Eier aus Belgien ein. In Berlin wurden in den Stadtteilen Hellersdorf, Wedding, Pankow und Neukölln mehrere Produkte, die aus Belgien stammen, von den Lebensmittelkontrolleuren im Einzelhandel gefunden und beschlagnahmt.

Ob diese Produkte aber tatsächlich mit dem krebserregenden Stoff Dioxin kontaminiert sind und in welcher Höhe, wird man laut dem staatlichen Veterinär- und Lebensmitteluntersuchungsamt in Potsdam erst in sechs Tagen wissen. „Die Untersuchungen sind so aufwendig, daß wir vorher keine Meßergebnisse haben“, sagte Joachim Kroll, der zuständige Abteilungsleiter.

Der Sprecher der Berliner Gesundheitsbehörde, Christoph Abele, riet gestern allerdings dringend dazu, Hühner aus Belgien, die man zu Hause in der Tiefkühltruhe liegen habe, erst einmal nicht zu essen. „Schließlich muß man in so einem Fall immer mit dem Schlimmsten rechnen. Es sei nach Einschätzung der Fachleute allerdings unwahrscheinlich, daß jetzt noch kontaminierte Eier in Berlin im Handel seien, da das in Belgien beanstandete Hühnerfutter aus einer Produktion im März stamme.

Zudem versorge sich Berlin, so der Geschäftsführer des Gesamtverbandes des Einzelhandels, Nils Busch-Petersen, vor allem aus dem Umland und dioxinverseuchtes Futter sei nicht nach Brandenburg gelangt. „In Nordrhein-Westfalen ist die Gefahr potentiell sicher viel größer“, so Busch-Petersen. Außerdem würden auch die Einzelhändler selbst sehr strikt reagieren, da „niemand Lust hat, mit seinem Ruf in Verruf zu kommen“. Allerdings wurde gestern hinter vorgehaltener Hand von Fachleuten die Frage aufgeworfen, was eigentlich mit Mayonnaise und mit Eiernudeln sei.

Ab wann bei einem Menschen eine Langzeitschädigung durch Dioxin auftritt, ist laut Wissenschaftler Kroll zudem bislang nicht ausreichend erforscht. Es gebe nur Richtwerte. So werde angenommen, daß ein 70 Kilogramm schwerer Mensch pro Tag keinesfalls mehr als 70 Pikogramm Dioxin aufnehmen dürfe. Ob der Verzehr eines belgischen Hühnchens diesen Richtwert übersteige und in welchem Maß, sei allerdings bislang nicht bekannt. Annette Rollmann