Hypnose der Hibbeligen

■ Das falsche Wetter für die richtige Band: Hypnotix dubbten, bis der Schlachthof eine Räucherkammer war

Eigentlich hätte es ein super Ausklang für einen heißen Abend werden können. Ein Hauch tropischer Schwüle lag am Freitag abend über der Stadt, drückende Hitze, die die angekündigten Gewitter noch nicht vertrieben hatten. Ein bißchen cooler Dub, vorzugsweise die weltläufige, moderne Variante, für die die Hypnotix aus Prag stehen – das wäre unter freiem Himmel das richtige gewesen.

Doch die tschechische Band mit dem afrikanischen Sänger war für die Kesselhalle des Schlachthofs gebucht. Und so mußten sich die rund 200 Neugierigen, die die Hypnotix angezogen hatten, fast wiederwillig bei den ersten Tönen der Band doch noch aus der Abendsonne in die Konzerthalle begeben.

Das Quintett hatte tatsächlich musikalisch einiges zu bieten: Mit ziemlich lupenreinen Dubklängen debütierten die vier Tschechen und ihr dunkler Frontmann vor rund drei Jahren. Auf ihrem neun Album „Witness of our time“ ist aus den gemütlichen Off-Beat-Schleifen ein irrer Mix geworden: Im entspannten Genießertempo flossen bei den Hypnotix Weltmusik-, Trance- und Ambient-Elemente zusammen. Der Dub gab den Beat vor, doch darüber passierte jede Menge: Klirrende Gitarrenläufe maßen sich mit gluggernden Sequenzern. Der rollende Baß spielte die Leitmotive der Stücke, während sich unbändige Keyboards an ihnen entlang austobten.

Das alles setzten die fünf Hypnotiseure druckvoll in Szene. Die alten Moog-Keyboards faszinierten die Kenner, Congas, Bongos und Tablas sorgten für abwechslungsreiche Akzente im Dauerrhythmus, der so nie langweilig wurde. Wer wollte, konnte in die Klanglandschaft der Hypnotix abtauchen und dort einiges erleben. Der Sound war klar abgemischt, Sänger Bourama Broji, der mit schweren Dreadlocks behängte Blickfang der Band, tigerte mächtig wippend über die Bühne und toastete präzise zu den Beats.

Das Publikum auf den Tribünen rollte dazu einen Joint nach dem anderen, und schon bald roch es in der großen Schlachthofhalle wie es eben so riecht bei Reggae-Konzerten. Doch irgendwann kippte die wohlige Hängergemütlichkeit. Bremen ist eben nicht Jamaika, und wenn es mal sonnig und nett draußen ist, fällt es schwer, mit dem Gefühl, etwas zu verpassen, in einem Club zu sitzen. Die Hypnotix spielten mit immer gesenkteren Köpfen, wirkten nach innen gewandt, als würden sie vor allem für sich selbst weiter spielen wollen. Länger und länger schienen ihre Stücke, immer ausufernder wirkten die Improvisationen und immer hibbeliger wurden die Zuschauer.

Nach etwas über einer Stunde war der Ausflug ins Dub- und Trance-Universum vorbei. Und obwohl die Hypnotix einen ordentlichen Gig hingelegt hatten, hasteten die Leute nach draußen, als wäre der Feueralarm losgegangen. Schade, daß der Schlachthof nicht ein auffahrbares Dach hat wie früher das Modernes. Ein Stück freier Himmel war das einzige, was die Hypnotix nicht bieten konnten.

Lars Reppesgaard