Der Deal von Düsseldorf

■ Ex-Chef der Dresdner Bank akzeptiert Strafe. Ermittlungen sind damit beendet

Düsseldorf (taz) – Das Amtsgericht Düsseldorf hat gegen den ehemaligen Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Jürgen Sarrazin, und gegen den Geschäftsleiter der Dresdner Bank Luxemburg S.A., Friedrich Otto Wendt, Strafbefehle wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung erlassen: Jeweils ein Jahr Gefängnis, allerdings auf Bewährung, und Geldbußen von je zwei Millionen Mark verhängten die Richter. Ihr ehemaliger Arbeitgeber muß zudem 37 Millionen Mark zahlen. Sarrazin, Wendt und der Bankvorstand haben die Strafbefehle und Bußgelder anerkannt, weil sie die Zusicherung erhielten, daß andere Verfahren dafür eingestellt werden.

Sarrazin und Wendt sind, so das Gericht, entscheidend dafür verantwortlich, daß Kunden der Bank mit Hilfe von Bankmitarbeitern über Jahre hinweg hohe Geldsummen anonym zu ausländischen Banken transferiert haben — die Abwicklung lief insbesondere über die Tochterbanken in Luxemburg und in der Schweiz. Der Zweck sei es gewesen, Steuern zu hinterziehen.

Nach den bisherigen Schätzungen der Steuerfahndung hat die Dresdner Bank von 1992 bis 1996 etwa 5,1 Milliarden Mark Kundengelder auf systematische Weise verschleiert. Sie hat dazu beigetragen, daß dem Staat mehrere hundert Millionen Mark an Steuern entzogen wurden.

Der Düsseldorfer Deal ist damit noch nicht zu Ende. Gegen zwei weitere amtierende und zwei ehemalige Mitglieder des Bankvorstands wurden ebenfalls Geldbußen verhängt, und zwar jeweils 500.000 Mark. Es handelt sich um Hans-Jörg und Gerhard Eberstadt sowie um den ehemaligen langjährigen Vorstandssprecher Wolfgang Röller und um den wegen persönlicher Steuerhinterziehung bereits zurückgetretenen Hans- Georg Adenauer. Gegen sie wurden damit die Ermittlungen „wegen geringer Schuld“ eingestellt.

Die „Düsseldorfer Lösung“, wie sie von Staatsanwalt, Gericht und Dresdner Bank gelobt wird, enthält noch weitere Bestandteile, die weniger spektakulär, aber folgenreich sind. Die Bank hat nämlich die Zusage der Strafverfolgungsbehörden erreicht, daß auch die seit 1993 schwebenden Ermittlungsverfahren gegen 350 Bankmitarbeiter jetzt alle eingestellt werden. Der Deal führt also dazu, daß keine öffentlichen Gerichtsverhandlungen stattfinden. Somit wird öffentlich nicht geklärt, wie das System der Beihilfe zur Steuerhinterziehung genau funktioniert hat. Damit bleiben auch die Deals im dunkeln, die von Finanzämtern, Staatsanwaltschaften und Gerichten mit den vielen tausend einschlägigen Kunden der Dresdner Bank ausgehandelt werden.

Mit der „Düsseldorfer Lösung" wurde noch nicht über die Verfahren entschieden, die an andere Staatsanwaltschaften abgegeben wurden. Die Dresdner Bank hofft, daß sie sich auch zum Beispiel in Frankfurt durchsetzen läßt.

Sarrazin und die anderen Vorstandsmitglieder hätten, so ist aus Bankkreisen zu hören, die Strafen auf sich genommen, um „Schaden von der Bank abzuwenden“. Zunächst ist nun allerdings Wolfgang Röller an der Reihe. Gegen den ehemaligen Vorstandssprecher und Aufsichtsratsvorsitzenden läuft ein getrenntes Ermittlungsverfahren wegen persönlicher Steuerhinterziehung. Werner Rügemer