■ Dresdner Bank wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt
: Mildes Urteil, schlanker Staat

Wenn der ehemalige Vorstandssprecher der Dresdner Bank die Verurteilung zu einem Jahr Gefängnis, wenn auch auf Bewährung, und die Zahlung von 1,5 Millionen Mark Bußgeld hinnimmt, ohne Rechtsmittel einzulegen, dann muß an der Sache schon etwas dran sein. Dasselbe gilt für den Leiter einer der größten Banken Luxemburgs (Dresdner Bank Luxemburg S.A.), der ein ähnliches Urteil akzeptiert. Jürgen Sarrazin und Friedrich Otto Wendt stehen zudem nicht allein, vier weitere amtierende und ehemalige Vorstandsmitglieder ihrer Bank akzeptieren Strafbefehle. Zusätzlich zahlt die Dresdner Bank AG selbst 37 Millionen Mark Bußgeld. Und alles wegen systematischer Beihilfe zur Steuerhinterziehung, die sie, so sagen sie nach wie vor, gar nicht geleistet haben.

Man darf sich wundern: Da erläßt ein Amtsgericht Gefängnisstrafen und Strafbefehle in dieser Höhe – ohne Gerichtsverhandlung. Von der Schwere der Delikte, von der Höhe des Streitwerts wäre ein Landgericht wohl eher zuständig gewesen. Und eine Gerichtsverhandlung hätte den Sachverhalt klären müssen, ohne ihn, wie jetzt, im dunkeln zu lassen. Es steht viel auf dem Spiel, denn in der Folge des Düsseldorfer Deals geht es um den Umgang des Staates mit einigen hunderttausend Steuerhinterziehern und um Steuern in vielfacher Milliardenhöhe. Denn erstens wurden die Ermittlungen gegen 350 Mitarbeiter der Dresdner Bank ebenfalls mit einem Schlag eingestellt. Zweitens soll die Düsseldorfer Lösung, so die Hoffnung, auch bei den anderen Banken greifen.

Ach ja, fast wäre untergegangen, daß die „Düsseldorfer Lösung“ schon um sich greift. Einen Tag vor dem Deal mit der Dresdner Bank gab die Bielefelder Staatsanwaltschaft bekannt: Wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung sind gegen fünf Vorstandsmitglieder der Deutschen Genossenschaftsbank (DG) und sechs Vorstandsmitglieder der Westdeutschen Genossenschaftszentrale (WGZ) „Geldauflagen“ von jeweils 300.000 beziehungsweise 350.000 Mark verhängt worden, die beiden Banken zahlen jeweils noch fünf beziehungsweise drei Millionen Mark. Auch wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Auch hier wurden öffentliche Gerichtsverhandlungen vermieden, die Ermittlungen gegen Bankmitarbeiter werden eingestellt. Ein paar ausrangierte Banker werden sanft geopfert, die Steuerhinterziehung kann weitergehen. Ist das der schlanke Staat, den sich Waigel, Kohl und ihre Klientel immer vorgestellt haben? Werner Rügemer

Der Autor arbeitet als Publizist in Köln