Auf du und du mit den Sprayern
: Graffiti „fasziniert“

■ Bürgerschaft diskutierte lautstark aufgeklärten „Farbvandalismus“

Die SoKo Graffiti hat klasse gearbeitet. Darüber war sich gestern die Bremische Bürgerschaft weitgehend einig. Die sieben BeamtInnen der polizeilichen Sonderkommission (SoKo) haben seit Beginn ihrer Arbeit im August 1997 insgesamt 148 der Künstler aufgetan, die Bremens Häuser und Straßen verzierten; über die Hälfte der rund 1.300 Strafanzeigen wurden aufgeklärt.

Vor allem die CDU zeige sich an dieser Stelle immer ganz besonders „fasziniert“, freute sich Elke Kröning von der AfB-Fraktion gestern begeistert über die feurige Stimmung, die die Antworten des Bremer Innensenators Ralf Borttscheller (CDU) vor allem unter seinen eigenen Parteigenossen bewirkten. Schluß mit dem sanften Parlamentsschlaf – gestern nachmittag ging es zur Sache.

Vor allem bei der sozialpädagogischen Stellungnahme des Grünen Martin Thomas, der den Innensenator gemeinsam mit Sprechern von SPD und AfB zu einer Bereitstellung von legalen „Aneignungsmöglichkeiten des jugendkulturellen Lebensraums“ aufforderte, ging so manche Erregungswelle durch die Fraktion am rechten Parlamentsrand: „Wenn wir Graffiti übersetzen, dann heißt das Wandschmiererei“, so der CDU-Abgeordnete Rolf Herderhorst kurz und knapp.

Und Innensenator Borttscheller artikulierte Attacken von Atemnot bei der Vorstellung, man könne einen Sprayer mit „van Gock“ verwechseln. Immerhin 75 Prozent der potentiellen Wählerschar in Gröpelingen und Walle zeige beim Thema Graffiti arge emotionale Betroffenheit, so Borttscheller – operettenhaftes Gickern aus den CDU-Reihen begleiteten seine Worte.

Von der polizeilichen Effektivität in der Verfolgung von „Farbvandalismus“ berichteten grüne Politiker am Rande der gestrigen Bürgerschaftsversammlung. Zur Erhöhung der Strafanzeigen-Zahlen habe die Polizei offensiv beigetragen.

So habe sich im Hausflur von mehreren Bremer Häusern die Aufforderung der Polizei gefunden, sich zwecks Schadensersatzfordung an die Staatsanwaltschaft zu wenden – dort erfuhren die Hauseigentümer verwundert, daß „es damit noch Zeit“ habe. Von den 666 bis Dezember 1998 aufgeklärten Fälle kamen übrigens 44 zur Anklageerhebung – die Verfahren wurden in einem Fall mit einer Freiheitsstrafe, in drei Fällen mit Geldstrafen, ansonsten mit Wiedergutmachungsauflagen abgeschlossen. ritz