Länder und Bund ringen um Flughafen Schönefeld

■ Die strittigsten Fragen der Privatisierung der Flughafen-Holding bleiben

Die erste Privatisierung eines deutschen Flughafens, Berlin- Schönefeld, ist wegen der Uneinigkeit zwischen Berlin und Brandenburgs einerseits und dem Bund andererseits gefährdet. Bei einer Verhandlungsrunde am Freitag abend konnte für die strittigsten Fragen beim Verkauf der Berlin- Brandenburg Flughafen Holding (BBF) erneut keine Lösung gefunden werden. Von den Bonner Grünen wurde am Wochenende das ganze Projekt überhaupt in Frage gestellt. Ihr verkehrspolitischer Sprecher Albert Schmidt bezweifelte die Wirtschaftlichkeit des geplanten Großflughafens.

Der Chef der Berliner Staatskanzlei, Volker Kähne, und sein Kollege aus Potsdam, Jürgen Linde, trafen am Freitag die Staatssekretäre des Bundesverkehrs- und des Bundesfinanzministeriums, um zwei Streitpunkte aus dem Weg zu räumen: Wer zahlt zu welchem Preis die Grundstücke, die für den Großflughafen gekauft werden müssen? Wie wird die Autobahn nach Schönefeld (A 113) finanziert? Es habe eine deutliche Annäherung gegeben, sagte Kähne nach dem Treffen. Zu einer Einigung kam es aber nicht. Diese Woche steht eine neue Runde an.

Die beiden Länder und der Bund wollen als Gesellschafter die BBF für 650 Millionen Mark an ein Firmenkonsortium um Hochtief verkaufen. Mit einer Investition von sechs Milliarden Mark will das Konsortium den Flughafen Schönefeld ausbauen. Ende Februar läuft die Frist für die Vertragsunterzeichung aus. Bis dahin müssen die Streitpunkte geklärt sein.

Die Länder, die alte Bundesregierung und das Konsortium hatten vereinbart, daß die öffentliche Hand die notwendigen Grundstücke für den Großflughafen kauft, etwa 1.000 Hektar Land, und auch die Schulden in Höhe von 500 Millionen Mark aus überteuerten Flächenkäufen übernimmt. Unklar ist jedoch, ob der Kaufpreis, den die Investoren für die BBF zahlen, diese Kosten ausgleicht. Wegen dieses Risikos – Staatskanzlei-Chef Linde bezifferte es auf bis zu zwei Milliarden Mark – hatte Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine (SPD) kürzlich Bedenken geäußert. Auch die Verkehrsanbindung des Flughafens muß die öffentliche Hand übernehmen. Für die geplante A 113, die der Bund zahlen müßte, hatte die alte Bundesregierung die nötigen Mittel aber nicht in die Finanzplanung eingestellt. Es besteht eine Lücke von etwa 540 Millionen Mark. Nach Ansicht des verkehrspolitischen Sprechers der Berliner SPD-Fraktion, Christian Gaebler, muß die sechsspurige Autobahn nicht mit der Eröffnung des Großflughafens zur Verfügung stehen. Langfristig gesehen sei sie aber notwendig, sagte Gaebler zur taz. Eine vernünftige Bahnanbindung sei allerdings genauso wichtig. Gaebler sieht die neue Bundesregierung in der Verpflichtung, zu den alten Zusagen zu stehen. „Es kann nicht sein, daß alles von gestern heute nicht mehr zählt.“ Wegen der drohenden Verzögerung des Ausbaus von Schönefeld – der Großflughafen soll 2007 in Betrieb gehen – schlug Gaebler vor, notfalls den Vertrag mit Hochtief unabhängig von der Privatisierung der BBF zu unterzeichnen.

Albert Schmidt von den Grünen schätzte, daß auf den Bund Kosten in dreistelliger Millionenhöhe zukämen. Die Bundesregierung habe „wenig Neigung“ diese Summe aufzubringen, sagte er der Nachrichtenagentur AP. Weder brauche Deutschland nach Frankfurt am Main und München ein drittes Luftkreuz noch sei die A 113 notwendig, meinte er. Schmidt bezweifelte die Berliner Potentiale für den Großflughafen. 60 Prozent des Luftverkehrs in Berlin seien Inlandsflüge. Nach dem Ausbau der Bahnstrecken würden aber viele Fluggäste auf den Zug umsteigen. Jutta Wagemann