Triumph der knallharten Sanierer?

■ BMW-Chef Pischetsrieder stolpert über Rover-Krise und weil er den Konzern nicht allein am Shareholder-value-Prinzip ausrichten wollte

Berlin (taz) – Noch vor einer Woche hatte Konzernchef Bernd Pischetsrieder anläßlich des Wiedereinstiegs von BMW in die Formel 1 bedauert, er selbst werde kaum dazu kommen, mehr als ein, zwei Rennen pro Jahr zu besuchen. Nun kann er sich wohl auf mehr Freizeit freuen. Am Donnerstag verdichteten sich die Gerüchte, daß der Aufsichtsrat ihn auf seiner heutigen Sitzung als Vorstandsvorsitzenden ablösen will. BMW enthielt sich der Stellungnahme.

Wie das Handelsblatt unter Berufung auf „Kreise“ berichtete, soll vor allem die Quandt-Familie, die 49 Prozent der stimmberechtigten Anteile hält, „die Geduld mit Pischetsrieder verloren“ haben, nachdem die britische BMW- Tochter Rover 1998 bis zu 870 Millionen Euro Verlust gemacht und damit den Gewinn des Gesamtkonzerns geschmälert hatte.

Die Übernahme der damals schon kränkelnden Rover Group war 1994 der erste große Coup des erst ein Jahr zuvor auf den Chefsessel gelangten Pischetsrieder gewesen. Rund zwei Milliarden Mark mußte BMW für den Kauf hinlegen, noch einmal sechs Milliarden sollen seitdem investiert worden sein, ohne daß die große Wende gelang. Im Dezember hatten sich Rover-Belegschaften und BMW auf eine Betriebsvereinbarung geeinigt, nach der 2.400 der rund 37.000 Beschäftigten entlassen werden und die anderen auf Überstundenzuschläge, Urlaubsgeld sowie Lohnerhöhungen verzichten müssen. Für die britische Gewerkschaften damals immer noch ein Erfolg – sie hatten befürchtet, daß ganze Bereiche geschlossen werden sollten.

Genau damit müssen sie nun womöglich doch noch rechnen. Denn der Kompromiß war vor allem Pischetsrieder zuzuschreiben, der sich immer geweigert hatte, „dem Fetisch Shareholder-value zu huldigen“, und „Arbeitsplätze schaffen, nicht vernichten“ wollte. Als Kandidaten für die Neubesetzung des Chefpostens sind ausschließlich knallharte Sanierer wie BMW-Vorständler Wolfgang Reitzle im Gespräch. „Der schlimmste Alptraum“, zitierte die britische Nachrichtenagentur AP einen Gewerkschaftsfunktionär. Der Gesamtbetriebsrat wollte sich nicht äußern.

Die Börsen dagegen goutierten den wahrscheinlichen Kurswechsel sofort. Die BMW-Aktie kostete in Frankfurt bis zu 689 Euro, 75 Euro mehr als am Vorabend. Beate Willms