■ Nebensachen aus Warschau
: „Der Papst ist doch auch nur ein Mann“

Die Rentnerin am Telefon ist empört: „Wissen Sie, was dieser Hustler kostet? Acht Zloty fünfzig! (4,20 DM). Das kann sich keiner von uns leisten! Aber wer denkt denn schon an uns Rentner?“ Der Moderator der Sendung „Unkontrollierte Gespräche“ fragt verdutzt zurück: „Ja, finden Sie es denn nicht skandalös, daß jetzt in Polen ein Pornomagazin aus Amerika erscheint?“

Die ältere Dame versteht die Frage nicht: „Skandalös? Wieso das denn? Ja, wenn die den Hustler in die Lesezirkel getan hätten, das wäre ja noch in Ordnung gewesen. Aber die haben ja nicht einmal zur Einführung den Preis runtergesetzt. Und wir Rentner...“ „Ja, ja“, der Moderator unterbricht sie: „Würden Sie sich denn – vorausgesetzt Sie hätten das Geld – ein Pornomagazin kaufen?“

Die alte Dame lacht über den Unverstand des jungen Redakteurs: „Wo denken Sie hin? Ich sammle doch keine Pornomagazine! Ich kenne das doch schon alles, habe das alles schon hinter mir. Das ist etwas für junge Leute, für Sie zum Beispiel. Da können Sie noch etwas lernen!“

Der Moderator scheint rot anzulaufen. „Ähem, ja, also äh“, dann fängt er sich und versucht die alte Frau noch einmal aufzustacheln: „Und was meinen Sie, was wohl der Papst dazu sagen wird?“ Am anderen Ende der Leitung kichert es leise: „Soll ich Ihnen mal was sagen? Der Papst ist doch auch nur ein Mann.“

Der Redakteur kippt die Rentnerin kurzerhand aus der Leitung und fordert seine Hörer auf: „Was glauben Sie, wird der Papst zum amerikanischen Pornomagazin in Polen sagen? – Ja, ich höre?“ Wieder ist eine Frau am Apparat: „Na ja, das Übliche natürlich. Er kann ja schlecht sagen, daß er Pornos gut findet, oder?“

Der Moderator, der sich auf eine klassische Meckersendung mit schimpfenden und krakeelenden Hörern eingestellt hatte, gerät ins Stottern: „Ja, also nein, nein, das kann er nicht. Äh – haben Sie schon einmal ein Sexmagazin gekauft?“

Die junge Frau setzt in einem lehrinnenhaften Ton an: „Es gibt Sexpostillen, Pornos und erotische Magazine. Ich kaufe mir manchmal erotische Magazine. Ja. Da sieht man wunderschöne Menschen, wie der liebe Gott sie erschaffen hat.“

Der Redakteur ruft den nächsten Hörer auf: „Hallo, wissen Sie, wer Larry Flint ist?“ Eine tiefe Brummstimme meldet sich: „Ja, aber das wollte ich jetzt nicht sagen. Es geht doch um Qualität. Und da spricht es doch für den Hustler, daß Andrzej Szczypiorski für ihn schreiben wird.“

Der Redakteur ergreift den rettenden Strohhalm, um seiner Sendung nun endlich den entscheidenden Kick zu geben: „Der Schriftsteller Andrzej Szczypiorski – das ist der, der ,Die schöne Frau Seidenmann‘ geschrieben hat – wird demnächst auch die Leser des polnischen Hustler mit seinen Ergüssen erfreuen. Werden Sie deshalb das Pornomagazin kaufen?“

Der Anrufer schweigt. „Hallo? Sind Sie noch da?“ ruft der Moderator in den Hörer. Langsam und nachdenklich tropfen die Worte des Anrufers durch den Äther: „Szczypiorski? Ergüsse? Porno? – Ich glaub', ich hab' mich verwählt.“ Gabriele Lesser