Des Kanzlers Worte verleihen den „Glücklichen Arbeitslosen“ Sprungkraft

Bei dem rostigen Trampolin sind alle skeptisch. „Wenn das mal nicht zusammenbricht“, warnt Mia. Kichernd schleppt sie es mit den anderen zwölf „Glücklichen Arbeitslosen“ in das Sozialamtsgebäude Prenzlauer Berg. Mit Getöse wird das alte Turngerät im Flur abgestellt. Das Sozialamtspublikum guckt verschüchtert bis neugierig. Schließlich ist nicht jeden Montag soviel los auf dem kahlen Gang wie gestern morgen. „Gerhard Schröder hat gesagt, das soziale Netz muß in ein Trampolin umgewandelt werden, und wir nehmen ihn beim Wort“, verkündet Mia. Prustend steigt sie auf das quietschende Trampolin. „Hier trainiert die Jugend für den 1. Arbeitsmarkt“, ruft dazu ein anderer aus der Gruppe. „Viele sind froh, keine Lohnarbeit mehr machen zu müssen“, erklärt die seit zwölf Jahren arbeitslose Kellnerin Mia. Bei der Aktion macht sie mit, weil das Amt ihr gedroht hat, die Sozialhilfe zu streichen, wenn sie nicht ihr angebotene Jobs als Reinigungshilfe oder Müllfrau annimmt. Dabei fordern die Glücklichen Arbeitslosen hundertprozentige Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Denn „der Glückliche Arbeitslose ist der Meinung, daß er für seine Nichtarbeit entlohnt werden muß“, heißt es in einem im Frühjahr veröffentlichten Manifest. Trotzdem wissen sie, daß sie keine Massenbewegung sind.

So findet auch ein junger Sozialhilfeempfänger mit Basecap, der auf seine Sachbearbeiterin wartet, die Hüpferei zwar lustig, mitmachen will er aber nicht, weil er „zu unsportlich“ ist. Seine Sitznachbarin traut sich selbst nicht, steht der Aktion aber positiv gegenüber: „Wenn's was bringt“. Von den „Glücklichen Arbeitslosen“ haben beide vorher noch nie was gehört.

Ein grauhaariger Sozialamtsmitarbeiter ist indes wenig begeistert. „Sie brauchen eine Genehmigung für sowas“, raunzt er die Trampolinspringer an. Denen wird das Ganze aber schon wieder zu langweilig. Nachdem sich der Bezirksbürgermeister trotz Einladung nicht blicken läßt und wirklich kein anderer Sozialhilfeempfänger hüpfen will, erklärt Mia über Megaphon kurzum die Regierungspolitik für gescheitert. Die Gruppe trollt sich mit lautem Juhu. Kirsten Küppers/Foto: Rolf Zöllner