■ Mecklenburg-Vorpommern: PDS will Regierungspartei werden
: Am Ziel?

Die PDS in Mecklenburg-Vorpommern kann sich des Lobes ihrer Bundesparteispitze gewiß sein. Erstmals im wiedervereinigten Deutschland wird es, die Zustimmung der Parteitage von SPD und PDS vorausgesetzt, ein rot-rotes Regierungsbündnis auf Landesebene geben. Ein Verhandlungsergebnis, auf das die SED-Nachfolgepartei stolz sein kann.

Die SPD erkennt die PDS damit als gleichberechtigten Partner an. Und wichtiger noch: Sie traut ihr das Zeug zum Regieren zu. Drei Ministerien sollen die Sozialisten besetzen, das ist mehr, als sich der machthungrige PDS-Landeschef Holter je hat träumen lassen. Seit Jahren drängte es den politischen Pragmatiker nach Führungspositionen; jetzt ist er am Ziel. Doch in dem gleichen Maße, wie die PDS auf Teufel komm raus Gesetze erlassen, mitbestimmen und künftig wohl auch wichtigtuerisch in Ministerkluft und Staatskarossen durchs Flachland entlang der Ostseeküste zockeln will, lastet die quälende Frage auf ihr: Die PDS ist regierungswillig, aber ist sie auch regierungsfähig?

Vielen Parteimitgliedern macht die Zäsur, der anstehende Wechsel von der Oppositions- zur Regierungsclique, Bauchschmerzen. Bislang ließ es sich immer schön schimpfen, künftig dagegen könnte es passieren, daß sich auch staatstragende PDSler mit ihrer Regierungsverantwortung die Hände schmutzig machen: Was passiert, wenn das rot-rote Mecklenburg- Vorpommern Flüchtlinge abschiebt? Wie das der Basis, den Wählern vermitteln?

Die Sorge der PDS, die eigenen Versprechen nicht einlösen zu können und daran zu scheitern, ist nicht zwingend richtig, aber berechtigt. Schleierhaft ist, wie die vollmundigen Ankündigungen aus dem rot-roten Vertragswerk finanziert werden sollen. Ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ist leicht gefordert, ihn mit leeren Staatskassen zu erfüllen kommt einem Wunder gleich. Gleiches gilt für die Arbeitsmarktpolitik, mit der die PDS sich unbedingt profilieren will.

3.000 neue, dauerhafte Stellen will man in einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor schaffen. Doch wer die dringend benötigten Arbeitsplätze bezahlen soll, weiß niemand. Da wird auf freiwerdende Haushaltsmittel spekuliert, als regnete es plötzlich Taler über Mecklenburg-Vorpommern. Da plant man Mittel der Bundesanstalt für Arbeit ein, die in Bonn noch gar nicht existieren. So könnten große Hoffnungen in noch größeren Enttäuschungen enden. Nicht der bundesweit erste rot-rote Koalitionsvertrag, sondern die kommenden vier Jahre werden zeigen, ob der Auftakt für eine erfrischend neue, linke Politik wirklich gemacht ist. Heike Haarhoff